Hallo!
Wie im letzten Beitrag schon angedeutet, sollte dieser Besuch bei Selene vor allem dazu dienen das Schiff in ein anderes Lager zu bringen. Nicht weil ich mich mit den Eignern des derzeitigen Stellplatzes verkracht habe, sondern weil es sich vorrangig um ein reines Sommerlager und weniger eine Art Werft handelt. Wenn ich an Selene arbeiten wollte, war das immer eine logistische Herausforderung. Spontan zum Schiff fahren war nicht möglich. Erst musste ich immer nachfragen, ob ich Zugang bekomme. Da eine Übernachtung auf dem Boot aus versicherungstechnischen Gründen nicht möglich war, mußte nach der Zusage aus dem Lager (die ich immer bekommen habe) eine Übernachtung gefunden werden. In der Hauptsaison ist das in Ueckermünde schon eine Herausforderung. Auch das habe ich immer hinbekommen. Ja und dann irgend eine Kombination aus Überstunden und Urlaub auf Arbeit einreichen. „Regulär“ hätte ich eigentlich nur werktags am Schiff etwas machen können – also genau zu der Zeit, wo ich auch Arbeiten gehen muß.
Aus diesem Grund habe ich Mike von Lager um einen Krantermin gebeten und mir eine Werft gesucht, wo ich immer ans Schiff (auch mit dem PKW), darauf übernachten und auch mal spontan vorbeischauen kann – ohne vorab nachzufragen.
Meine Bitte Selene ins Wasser zu heben wurde mit Verständnis aufgefaßt – Ich wurde auch gefragt, ob ich die Kleine mal wieder dort einlagern möchte. Klar! Gern! Wenn es nur um eine Lagerung über den Winter geht, ist das kein Problem 😉
Nun ja: „einfach“ ins Wasser heben wäre schon möglich, nur wäre Selene einfach abgesoffen. Vorher musste das Ruder, die Ruderschaftdichtung, der Ruderquadrant, die Welle eingebaut und ein paar weitere Löcher gestopft werden.
Wie immer habe ich zu Hause dafür so viel vorbereitet, wie möglich. Aus meinem letzten Besuch wusste ich auch, daß das Ruder und der Schaft zu schwer sind, um per Muskelkraft gehoben zu werden. Da ist Vorbereitung das A und O. Ich würde sagen, ich verbringe vor jeder Fahrt gut 2..3h, um mein Auto mit allen möglichen Dingen voll zu stopfen, die ich brauchen könnte. Diesmal auch ein hydraulischer Wagenheber.
Nach dem Reinigen und einer Runde seewasserfesten Fettes, musste der Ruderschaft durch die ganzen Lagerstellen gefädelt werden. Ich weiß gar nicht, wie oft ich dazu die Leiter erklimmen musste, um festzustellen, wo es denn jetzt schon wieder hängt. Ich habe auch mit dem Ruder begonnen, weil der Dichtringträger eingeklebt werden muß. Die Vorbesitzer des Schiffes waren anscheinend große Freunde von Silikon. Jedenfalls habe ich das Zeug schon aus allen möglichen Stellen gepult. Natürlich auch vom Ruderschaft 😉 Diesmal kam aber SikaFlex zum Einsatz.
Ich habe es nicht gefilmt, aber der Einbau des (hundeschweren) Ruderquadranten hat mich ein paar Nerven gekostet. Man liegt bei gefühlten 40°C im Achterkasten und versucht das Teil in die Ruderkiste und hinter den Schaft zu fummeln – Natürlich möglichst ohne sich die Finger dabei einzuklemmen.
Zum Schluß hat die ganze Aktion gut 3 Stunden gedauert. Ich würde mal sagen: Ganz OK fürs erste mal.
Viel schneller war die Welle eingebaut. Da ich das schon mehrmals gemacht habe, wußte ich, was ich tue und welche Schritte in welcher Reihenfolge nötig sind.
Die Masseelektrode bleibt erst mal auf dem Navigator liegen. Damit kein Wasser ins Schiff läuft, habe ich einfach nur ein paar Schrauben und O-Ringe reingedreht.
Damit war der erste Tag auch schon herum. Wie gesagt: Die Öffnungszeiten des Lagers liegen im Sommer von 8-12 Uhr! Ein großes Problem war das allerdings nicht, damit konnte ich an dem Nachmittag noch ein paar Stunden Arbeiten. Im Moment programmiere ich hauptsächlich eine Anlage per Remotezugriff. Ob ich das von Freiberg, Dresden oder Ueckermünde aus mache ist im Prinzip egal. Da ist es praktisch, daß es im Kulturspeicher einen Co-Working Space und ein gescheites Internet gibt. Das sollte auch am Mittwoch so weiter gehen, denn da hat das Lager geschlossen. Damit habe ich an dem Tag von 7:00 – 17:30 Uhr am Rechner gehangen – uff.
Am Donnerstag stand ich Punkt 8 Uhr auf der Matte vom Lager. Es reicht ja nicht, wenn Selene ins Wasser kommt. Der Mast muß auch mit. Dazu hatte ich mir beim letzten Besuch schon ein paar Zeichnungen gemacht. Zu Hause dann Hölzer, Ringösen, Schloßschrauben, Spanngurte organisiert und das Ganze, soweit wie möglich, vormontiert.
Das sollte sich auch auszahlen, denn der Aufbau der Konstruktion auf dem Schiff ging sehr gut vorran. Ich habe so eine Masthalterung noch nie gebaut und logischerweise war alles improvisiert. Ich war mir noch nicht mal sicher, ob die Konstruktion überhaupt stabil genug sein wird. Wichtig war auf jeden Fall eine einfache Demontierbarkeit. Mit gestellten Halterungen passt Selene nicht durch das Hallentor.
Gegen 11:40 Uhr konnte ich dann „Vollzug“ melden. Ich war schon am zusammenräumen, damit ich Punkt 12 Uhr die Segel streichen kann, als Mike sagte: „Wir fahren das Boot gleich noch raus und legen den Mast drauf. Da können wir das Boot morgen 7:45 Uhr ins Wasser heben“. Natürlich habe ich dem zugestimmt. Etwas doof war, ich hatte 13 Uhr einen Online Termin auf Arbeit. Also schnell den Laptop angeworfen und eine Mail geschrieben, daß es womöglich etwas später wird. Ich mache so etwas nicht gern, wollte mich auf der anderen Seite mit der Vorbereitung von Selene nicht hetzen lassen. Die Fahrt am nächsten Tag sollte zwar nur ein paar Meilen übers Haff gehen und am Morgen wird auch noch wenig Wind sein, aber trotzdem bin in alleine auf dem Boot und nicht durch Schusselfehler in Probleme geraten.
Die Halterungen haben den Mast letztendlich gut aufgenommen, nachdem ich die mittlere Stütze etwas erhöht habe. Auch meine Bedenken, daß die Konstruktion zu lavede sein mag waren unbegründet. Es war alles so fest und stabil, damit würde ich mir sogar etwas Seegang zutrauen.
Als ich am nächsten Morgen um 7:45 Uhr im Hafen aufgeschlagen bin, herrschte schon emsiges Treiben. Erst mußte ein Motorboot mit Schraubensalat raus und kurz danach hing Selene schon in den Gurten. Sehr zu meiner Überraschung war das Boot auch dicht, obwohl ich 3 Seeventile getauscht habe und Ruder + Welle ausgebaut waren.
Aber so ganz gemütlich wollte mich Neptun dann doch nicht ablegen lassen. Motor an! Warum kommt kein Kühlwasser aus dem Auspuff? Meine Impellerpumpe, besser das Gehäuse, ist schon etwas fertig. Dadurch saugt die Pumpe manchmal nicht an. Also einen Schluck Wasser rein und immer noch kein Wasser? Dann fiel mir der Riß im Deckel des Seegrasfilters auf. Na toll! Ich hatte noch eine reichliche Stunde Zeit, um den Brückenzug in Ueckermünde zu schaffen. Die Notreparatur bestand in einer Wurst SikaFlex und etwas Malerkrepp. Damit war die Sache wieder so dicht, daß zumindest eine gewisse Menge an Wasser angesaugt werden konnte.
Da muß wohl mein 3D Drucker mal ran 😉 Ups – ist ja schon passiert!
Die Jungs waren schon damit beschäftigt das nächste Boot zu bewegen, also habe ich nur schnell Tschüß gesagt und bin los. Auch wenn es nur ein paar Meilen waren spricht mein Gesichtsausdruck Bände 🙂
Die Klappbrücke in Ueckermünde war pünktlich erreicht, leider hatte sich jemand so an den Kranplatz gelegt, daß es recht eng für Selene war. Ich würde sagen das Boot hätte ich da schon hineingequetscht bekommen, aber der Mast steht noch jeweils gut 1,5m auf jeder Seite über. Nach ein paar mal vorbeifahren war ich dann der Meinung: Es ist schon zu knapp..
Schon verblüffend, wie sich das über die Jahre so ändert. Früher ist man mit 6+ Leuten Crew in den Hafen und hat sich tausend Gedanken gemacht. Ist ein Platz frei? Klappt das Anlegen? Wie fahre ich die Box an? Und und und… Mittlerweile: Oh Platz ist belegt … hmmm … aber da würde es gehen … dazu müssten aber alle Leinen und Fender auf die andere Seite. Dann sucht man sich eben eine Stelle, wo man das Boot mal etwas treiben lassen kann und fängt mit dem Umbau an. Natürlich hat man immer ein Auge darauf, wo es gerade so hintreiben will. Dann rein in die Box, Aufstoppen und Anlegen. Alles komplett alleine und ohne Streß.
Es ist unmöglich in Ueckermünde ein Taxi zu bekommen. Damit kam meine Hafenharley (Klappfahrrad) zum Einsatz, um zu meinem Auto zu kommen.
Da die neue Werft gerade Betriebsferien hat, blieben nun ein paar Tage bis zum Kranen. Ich wollte auf dem Boot schlafen und habe erst mal Klar Schiff gemacht. Es ist schon schön, wenn man im Salon mal wieder richtig sitzen kann. Es folgte Home Office vom Schiff aus – da könnte man sich dran gewöhnen 😉
Am nächsten Tag wollte ich endlich mal eine Sache angehen, die mich schon seit gut einem Jahr nervt. Ich hatte seinerzeit auf Grenada die Elektrik umgebaut. Das durch diesen Umbau der Hauptschalter nicht mehr funktionierte, ist mir jedoch erst in Deutschland aufgefallen. Warum auch nicht? Ich hatte das Ding bis Dato nie benötigt! Wieso der Schalter keine Funktion mehr hatte, konnte ich mir damals nicht richtig erklären.
Ich versuche mich kurz zu fassen: Früher waren alle 3 Akkus (2x Service und 1x Starter) in der selben Kiste. Als ich auf St. Vincent die Serviceakkus erneuert habe, war kein Platz mehr für den Starterakku, weshalb ich diesen in die Bilge zur Maschine verfrachtet habe. Aus irgend einem Grund hat der Hauptschalter auf Selene die Masse aller Akkus getrennt (?). Da nun ein Akku wo anders war, ging diese Masse sozusagen am Schalter vorbei und wenn dieser Aus war, holt sich die Elektrik ihre Masse über die Maschine (also Generator, Heizung, oder sonst woher…). Da muß man erst mal drauf kommen. Nach dem man zwei mal über den Atlantik ist, ist man irgendwie auf alles ständig vorbereitet. So hatte ich Aderendhülsen und Kabelschuhe bis 50mm², sowie eine elektrische Presszange dabei. Mit dieser Bewaffnung ging es dieser eigenartigen Verkabelung zu Leibe. Ich habe das defintiv nicht so geklemmt, denn am Hauptschalter war ich nie. Warum das so gemacht wurde, müsste ich die Vorbesitzer mal fragen.
Wie dem auch sei – jetzt ist alles wieder fein. Hautschalter schaltet den Pluspol. Die Hochlastverbraucher liegen separat. Das Ladegerät geht direkt auf die Akkus, damit diese auch bei abgeschalteter Elektrik geladen werden können. Alles mit Sicherungen und geschraubten Verbindungen. Bevor Kommentare kommen: Ja ich drucke mir auch noch ein paar Polabdeckungen 😉
Ich war an dem Tag so „im Flow“, daß ich gleich noch die Wasserhähne getauscht habe. Der eine war innerlich kaputt korrodiert und der andere undicht. Leider ist ide Bohrung in der Küche zu groß, um den neuen Hahn einschrauben zu können. Wie gesagt – Vorbereitung ist alles und die Adapterscheiben aus dem 3D Drucker paßten auf Anhieb. An dieser Stelle möchte ich auch mal ein Lob an den EGM Baumarkt in Ueckermünde aussprechen. Die haben seit einiger Zeit am Samstag statt bis 12 Uhr, bis 17 Uhr geöffnet. Zu dem gab es dort die benötigten Adapter von 1/2 Zoll auf metrisch 10mm!
Da Selene nun draußen steht und sich das über den Winter auch nicht ändern wird, habe ich gleich noch eine Sache in Angriff genommen, die ich schon immer mal wollte: Eine Persenning. Passend angefertigt hat so etwas viele Vorteile. Man ist nicht immer auf einen Hallenplatz angewiesen, kann das Schiff überall abstellen und das Deck bleibt trocken. Dazu kostet ein Stellplatz im Freien nur etwa 1/3 eines Hallenplatzes. Damit rentiert sich die Investition schnell. Der Auftrag dazu ist jedenfalls schon raus.
Nach einer Runde Deck putzen (was sehr dringend nötig war), ging es dann schon wieder ans Kranen. Da der Kran stationär und nicht besonders hoch ist, mußte dazu der Mast noch mal kurz runter.
Damit kommen wir auch gleich zu einer Frage die mir sehr oft gestellt wurde: Wie schleife ich die Stellen, wo das Boot im Bock steht? Ganz einfach! Jetzt steht es etwas anders im Bock 😉
Ja und da steht Sie nun. Selene in ihrem neuen zu Hause. Nun habe ich immer Zugang, kann auf dem Boot übernachten, kann mit dem PKW ran fahren, gegenüber gibt es ein Sanitärhaus mit Dusche, Strom und Wasser sind inklusive und da wir uns im Zentrum von Ueckermünde befinden, ist praktisch alles zu Fuß erreichbar.
So long,
Martin
Moin Martin,
es macht immer wieder Spaß Dir zuzuschauen.
Du findest immer die perfekte Mischung aus perfekter Planung und cooler Improvisation.
Uwe