Der Götakanal

Sjötorp am Vänernsee – Hier beginnt der Götakanal. Wie ich im letzten Beitrag bereits geschrieben hatte, wollten wir „eigentlich“ irgendwo im Hafen vor der ersten Schleuse anlegen – leider war das ein Fehlschlag.

 

Nach mehreren Versuchen, mehreren mehr oder minder geplanten Grundberührungen (alles Sand/Schlick) sah ich, daß gerade ein Boot das andere Hafenbecken verließ. Also musste dort nun ein Platz frei sein! Ich war zu dem Zeitpunkt schon etwas genervt und hatte eigentlich keinen Bock nochmal dahinzufahren. Als ich um die Ecke kam, sah ich, daß die Schleuse gerade offen war und entschied gleich mit hineinzufahren. Sabrina und Selene waren auf diese spontane Idee gar nicht so recht vorbereitet 🙂 Es war gut, daß gleich 2 Wärter an der Schleuse Dienst hatten und uns die Leinen abgenommen haben. In der Schleuse selbst gibt es keine Ösen, Ringe, oder sonstige Möglichkeiten sich festzuhalten. Auch die Mauern sind so hoch, daß selbst ich mit meinen 1,95 m nicht zu den Ringen reichen konnte.

Natürlich gingen die Tore der Schleuse nicht auf, bevor ich im Kanalbüro die 7990 SEK (672,31 Euro) bezahlt habe. Ich war davon ausgegangen, daß ich dort einfach meine Kreditkarte durchziehen könnte, aber der Mann hinterm Tresen gab mir ein I-Pad in die Hand, auf der ein Anmeldebildschirm, der Götakanal Webseite zu sehen war. Damit hatte ich gleich 2 Probleme: 1: Ich und die unintuitive Eingabe bei Apple Geräte und 2: Ich hab da zwar einen Login, aber wie war das Passwort?

Nach einer Weile habe ich das I-Pad dann dazu gebracht, auch die deutschen Sonderzeichen (die es auf einer schwedischen Tastatur nicht gibt) zu akzeptieren. Zum Glück hatte ich schon alle Daten zum Schiff, der Versicherung, etc. zu Hause vorausgefüllt und konnte direkt zur Zahlung weiterschreiten.  Aber da gab es gleich das nächste Problem … für solche Summen benötige ich mein Tablet, um via S-ID die Zahlung per Kreditkarte freizuschalten. Also noch mal zurück zum Schiff und das Ding holen.

Irgendwann hatte ich die Zahlung dann durch und bekam eine ausführliche Einweisung zur Kanalpassage. Dazu gab es noch ein sehr gut gemachtes Infoheft zum Götakanal_2023.

Das Schöne an der ganzen Sache ist, daß die 2 Häfen nach der Schleuse bereits zum Kanal gehören und damit in der Passagekosten enthalten sind. Damit haben wir nun in jedem Hafen 5 Tage Liegezeit inklusive. Mit unseren Servicekarten kommen wir dann auch in jede Serviceeinrichtung und können damit Toilette, Dusche und Wäsche waschen/trocknen – alles inklusive! Ach ja, Müll und Fäkalentsorgung ist natürlich auch mit drin.

Wie schon im Bild zu sehen, haben wir uns natürlich die Schleusen gleich mal richtig angeschaut – und natürlich auch, wie die anderen das so machen.

Am nächsten Tag war (das erste Mal überhaupt) Regen angesagt, weshalb wir uns für einen Tag Pause entschieden haben.

Vorab gab es aber noch einen Bilderbuch-Sonnenuntergang.

Einen Tag später sieht man immer noch die dunklen Wolken, aber es gab keinen Regen. Leider mussten wir an erst mal recht lange wegen eines der Passagierschiffe warten. Davon gibt es nicht viele, aber hier und da muß man dafür etwas Zeit einplanen.

Da andere Crews dieselbe Idee hatten, gab es an der ersten Schleuse etwas Andrang. In die Schleusen passen 4 Segelboote, weshalb wir noch länger warten mussten. Normalerweise gibt es davor einen Wartesteg. Bedauerlicherweise verdeckten hier Bäume die Sicht auf die Schleuse und Befeuerung, wodurch es unmöglich war zu sehen, wann es weitergeht.

Aber dann ging es Schlag auf Schlag. Eigentlich jede Brücke und jede Schleuse war bereits geöffnet, oder zeigte bereits das weiße Licht.

Dazwischen folgten immer wieder längere, oder kürzere Passagen entlang der längsten Baum-Allee Europas.

Da es eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 5 kn gibt, fährt man entweder ganz alleine, oder hat immer einen Kollegen um sich. So hatten wir an diesem Tag einen Motorbootfahrer als Schleusen-Partner. Ich nannte ihn kurz: „Mein Freund“. Wenn man auf diese spontanen Fahrten Lust hat, dann geht dies auf dem Kanal erst nach dem 16. Juni zur Hauptsaison. Passiert man den Kanal früher, dann bezahlt man zwar gut 2000 SEK weniger, wird jedoch als Kolonne geführt. Mit festen Abfahrt- und Ankunftszeiten. Wir hatten überlegt, dies auch zu tun, uns jedoch dann dagegen entschieden. Ich habe in Sjötorp mit Leuten geredet, die das so gemacht haben und die Meinung war: „Wir würden das nicht wieder so machen.“

Da es an einer Schleuse Wartezeit gab, haben wir sogar noch ein paar Boote eingeholt. Also wurde ab dem Moment zu viert geschleust.

Das Schleusen an sich ist recht gut im Handbuch zum Kanal beschrieben. Vor den meisten Schleusen gibt es so kleine Stege. Dort setzt man den Leinengänger über. Links im Bild sieht man schon Sabrina mit dem Leinenpaket stehen.

Beim ersten Mal hätte ich fast einen schönen Kratzer in den Rumpf von Selene gezogen, da ich zu flach angefahren bin. Gerade ohne Bugstrahlruder muß man besonders aufpassen. Im Zweifel schnell aufstoppen!

Durch das ganze Schleusen, mal Backbord, mal Steuerbord und an-/ablegen an den Wartestegen entsteht unweigerlich ein Leinenchaos an Bord. Anfangs haben wir noch versucht, das Ganze immer halbwegs aufzuräumen, haben es dann jedoch gelassen. Liegt man in der Schleuse recht weit hinten, braucht man extra-lange Achterleinen. Vorleinen müssen sowieso lang sein. Dann noch was an den Mittelklampen – jeder Steg ist etwas anders .. also blieb der ganze Kram einfach an Deck liegen. Man muß nur aufpassen, daß man sich nicht mal so eine Leine in die Schraube holt 😉

Eine Seilzugfähre! So etwas habe ich ja schon ewig nicht mehr gesehen. Um zur anderen Seite zu kommen, wird ein Seil gespannt, was normalerweise auf dem Grund liegt.

Und dann wird per Muskelkraft übergesetzt.

Wie sicher im Video zu sehen ist, war es ein echter Schleusenmaraton. Anfangs noch etwas holprig, haben wir recht schnell „unsere“ Routine gefunden. Als Vorleine diente meine 50 m Schleppleine, die wir kurzerhand umlaufend durchs Cockpit gelegt haben. Diese lief über die Genuawinschen, dann über die Umlenkrollen und Holepunke zur Bugklampe. Dort lag dann das Seil-Bündel für Sabrina. Je nach Schleuse ist Sabrina dann mit Vor- und Achterleine an dem Steg vor der Schleuse von Bord und hat diese dann über die Ringe gelegt. Beim Aufwärtsschleusen legt man einfach eine Schlaufe über den Bolzen und klappt den Ring darüber. (siehe Bilder)

Dabei entsteht ein typisches „klong“, was für mich das Signal zum Aufstoppen war. Dann schnell die Achterleine dicht holen und wenn Sabrina die Vorleine angeschlagen hat, diese dicht holen und auf die Winsch legen. Je nach Schleusenwärter entsteht bis zu 4 kn Strom innerhalb der Schleuse, die man gut über die Winsch abfangen kann.

Bei traumhaftem Wetter ging es Brücke um Bücke, Schleuse um Schleuse immer weiter nach oben. Der Vikensee sollte mit 91,8 m über dem Meeresspiegel unser höchster Punkt sein. Ich frage mich, ob Selene schon mal so hoch war.

Als wir in Karlsborg ankamen, waren wir schon wieder „runter“ auf 88,5 m über Normalnull. Leider waren zu dem Zeitpunkt zwei meiner drei Campingaz-Flaschen leer. Naiverweise dachte ich, ich könne an jeder Tanke (oder so) eine neue Pulle bekommen. Pustekuchen! Campingaz ist in Schweden überhaupt nicht üblich, da Butan bei den nordischen Temperaturen nicht mehr verdampft. Ein benachbarter Segler aus Dänemark sagte mir, ich könne es in Karlsborg vergessen – vielleicht in Motala … vielleicht …

Wie man sieht war auch meine Suche via Google nicht erfolgreicher. Weder in Karlsborg, noch in Motala.

Also sind wir am nächsten Tag mal fix über den Vätternsee dahin hingefahren.

Unser Stegnachbar 🙂

Niedlich ist es da schon und während Sabrina die ganzen tollen Fotos gemacht hat, bis ich kreuz und quer durch die Stadt, um eine Flasche Campingaz zu bekommen. 7 Baumärkte, 5 Supermärkte, 3 Tankstellen und 10 km Fußmarsch später, schleppte ich diese dämliche Campingaz-Pulle immer noch in leerem Zustand mit mir herum.

Dafür waren wir noch fix Einkaufen und es gab lecker Dorade/Seebrasse zum Abendessen. Der Coop hatte nämlich eine Frischfischtheke.

Nichtsdestotrotz war da immer noch das Problem mit der leeren Franzosenpulle. Mein Stegnachbar meinte, daß ein Kollege hier irgendwo Tauwerk für sein Boot gekauft hat – Es mußte also etwas in die Richtung „Yachtladen“ geben – wenn die kein Campingaz haben, dann weiß ich auch nicht weiter. Also sind wir am nächsten Tag dahin und es gab natürlich auch kein Campingaz – HAHA! Im Laden stand jedoch ein weiterer Kunde, der gleich zum Telefon griff und mir dann den entscheidenden Tipp gab. Es gibt eine Nachfüllstation, die auch Butan anbietet. Da diese weder bei Google, noch im Netz zu finden ist, verlinke ich hier man die Position:


Auf dem Bild sieht man hinter dem großen Silo eine kleine Hütte und zwei kleine weiße Tanks (liegend). Das ist die Nachfüllstation! Geöffnet ist werktags zwischen 15 und 17 Uhr. Es hängt aber eine Telefonnummer am „Gasol“ Schild. Kosten für eine 2,7 kg Flasche: 250 SEK.

Trotzdem hat mich der ungewollte Spaziergang zum Nachdenken bewegt. Eigentlich habe ich in den kommenden Jahren schon mal vor, vielleicht wieder eine längere Tour zu machen. Da diese nicht in den Süden, sondern eher nach Norden gehen würde, ist Butangas denkbar schlecht. Auch, weil die Flasche Campingaz in Deutschland mittlerweile sauteuer geworden ist. Laut Preistabelle kostet Butan (flüssig) im Juli 2023, 65 Cent/Liter. Bei einer Dichte von 0,6 g/cm³ sind also 4,5 l (pro 2,75 kg Flasche) zum Preis von 4,28 € enthalten – und das ist schon inklusive der Mehrwertsteuer.

Da fragt man sich, warum mittlerweile bis zu 45 € pro Füllung abgerufen werden. Wie gesagt – wenn man kilometerweit durch die Gegend läuft, um dann noch so viel zu Zahlen, fängt man mit dem Nachdenken an.

Für mich ist klar: Selene wird auf Propan umgebaut!

Soviel zu den Gedanken zur Versorgung des Herds von Selene 🙂

Weiter ging es Richtung Berg am Roxensee.

Bei dieser Passage handelt es sich um ein schönes Teilstück mit ein paar ferngesteuerten Brücken.

.. und 2 Aquädukten, die man schnell übersieht, da die Straße logischerweise unterhalb der Wasserstraße entlangführt.

Hier und da trifft man mal einen Ausflugsdampfer.

Da einer immer Steuern muß, haben wir uns immer mal einen leckeren Snack zum Verzehr im Cockpit gemacht 😉

Genau einmal haben wir sogar ein paar Paddler getroffen.

Da die Ausflugsdampfer immer Vorrang haben, mussten wir an wenigen Stellen etwas warten. Meist kam der Schleusenwärter vorbei und informierte uns über die Wartezeiten. Dabei ging es weniger darum, daß wir das Schleusen zeitlich noch locker geschafft hätten. Oft war die Passage danach so schmal, daß eine Begegnung mit einem Schiff, wie der Juno sehr knapp geworden wäre. Somit werden die Schleusen auch etwas zur Regulierung der Sportboote genutzt. Wir haben ja Urlaub – also haben wir auch Zeit.

In Berg vor der Schleuse war dann erst mal wieder unser Nachtlager.

Berg hat zwei Häfen. Einen oberen und einen unteren. Dazwischen befindet sich eine Treppe, die aus 7 Schleusen besteht. Da dieser Ort eine Ikone des Götakanals ist, lagen dort auch entsprechend viele Yachten.

Die Anlage ist schon ein imposantes Bauwerk. Natürlich mussten wir auch etwas herumkaspern 😉

Es gibt jedoch auch interessantes! Zum Beispiel eine kleine Ausstellung der verschiedenen Schleusentore. Ganz früher waren diese ganz aus Holz, später aus Guß mit Holz verplankt und später ganz aus Stahl. Dabei stand, daß ein Stahltor sehr wartungsintensiv ist und maximal 30 Jahre hält. Daneben stand ein Holztor mit Gußrahmen, was gut 300 Jahre seinen Dienst getan tat – natürlich musste das Holz (Kiefer) etwas alle 40 Jahre getauscht werden. Der Plan ist nun, daß sämtliche Stahltore wieder durch welche aus Gußeisen getauscht werden sollen.

Damit ging es am nächsten Tag die Schleusentreppe hinunter, was im Video sehr ausführlich gezeigt wird, und dann hinaus auf den Roxensee nach Norsholm.

Norsholm war etwas anstrengend. Erst mussten lange auf die Öffnung einer Kombination aus Eisenbahnbrücke/Schleuse/Straßenbrücke warten. Dazu war am nächsten Tag noch die Kameraanlage der folgenden zwei Brücken ausgefallen. Der Techniker sollte aus Stockholm kommen und mindestens 2,5 Stunden benötigen. Irgendwann kam dann die Schleusenwärterin und organisierte uns eine manuelle Öffnung der Brücken.

Damit kamen wir auf dem Asplångensee an, der voller brauner Sedimente war.

Ab dann war der Götakanal „braun“.

Ich habe es zwar versucht, konnte jedoch leider nicht herausfinden, wo die Sedimente herkommen.

Unser letzter Stopp auf dem Götakanal sollte in Söderköping sein. Es ist schon verrückt, daß es auf der Passage Häfen gibt, wo sich Hase und Fuchs gute Nacht sagen, aber dann auch richtige Touristenmetropolen, wie es hier der Fall war.

Hier noch ein paar Bilder von dem nächsten und auch letzten Teilstück.

Nach ein paar weiteren Schleusen, die alle im Video zu finden sind, kamen wir an der letzten Schleuse an. Es wehte ein Ostwind mit 16-20 kn direkt in die Schleuse. Das hat den ankommenden Segler das Leben schwer gemacht.

Da es auch die erste Schleuse ist, wenn man den Kanal von Ost nach West fährt, gibt es einige organisatorische Dinge zu erledigen. Kanalflagge, Zahlen, Servicekarten, etc. Das dauerte etwa 40 Minuten…

Nachdem uns die nette Schleusenwärterin uns die Kanalflagge und unsere Servicekarten abgenommen hatte, waren wir frei! Keine Schleusen, keine Brücken mehr, auf die wir warten müssen!

So ging es genau gegen den Wind in die Schären und Richtung Süden. Das war am 26. Juni 2023. Am 10. Juli ist wieder Arbeitsbeginn. Damit haben wir noch locker 14 Tage, um die gut 320 Meilen zum Heimathafen zu kommen. Aber „Oh My“ – Da wird uns der große Meister an den Hebeln noch einen ordentlich Strich durch die Rechnung machen.

Dazu aber im nächsten Beitrag mehr.

So long,

Martin & Sabrina

 

Eine Antwort auf „Der Götakanal“

  1. Schöner Bericht mit ein paar Rosinen und vielen Schleusen. In Echtzeit macht das nur Sinn wenn du Youtube sprengen möchtest.
    Interessante Werft in Söderköping.
    Die letzten beiden Sätze sind für den Spannungsbogen und es geht Euch hoffentlich gut…

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