Meine Solarpaneele nach 2 Jahren segeln

Hallo,

ich hoffe ihr hattet ein schönes Weihnachtsfest im Kreise von Freunden und Familie!

Bis es soweit ist, gibt es noch einen kleinen Beitrag von mir. Mit Kritik im Internet ist es ja immer so eine Sache … von daher werde ich in diesem Beitrag den Zustand „meiner“ Solarpaneele zeigen und möglichst fundiert erklären, wie ich zu dem Urteil gekommen bin.

Auf dem Bild etwas schlecht zu sehen, hatte ich Anfangs 4 Stück ETFE SPR-F-80 von der Firma Offgridtec im Einsatz. Leider gibt es dieses Modell auf deren Domain nicht mehr. Dank https://archive.org kann man dieses Modell aber noch finden:

Quelle: https://web.archive.org/web/20201031070200/https://www.offgridtec.com/generatoren/solarmodule/marine-solarzellen-flexibel.html

Wenn man etwas nach „SPR-F-80“ bei Google und Co. sucht, findet man sogar einige Seiten, wo man diese Module noch kaufen kann.

Seinerzeit haben mich logischerweise die Argumente überzeugt:

  • 80W Nennleistung bei einer Betriebsspannung von 20,88V und einem Strom von 3,98A
  • begehbar und auch im feuchten Zustand noch rutschfester als vergleichbare Solarmodule am Markt
  • semiflexibel – biegbar bis maximal 20 Grad
  • leichte Montage des Solarpanels durch verkleben oder Nutzung der Ringösen
  • speziell für den langfristigen Marine-Einsatz entwickelt
  • ETFE High-Tec Kunststoff sorgt für Gewichtseinsparung und eine zugleich hohe Lichtdurchlässigkeit von max. 96%
  • bestückt mit marktführenden Hochleistungssolarzellen von Sunpower für einen höchstmöglichen Wirkungsgrad
  • Anschlussdose mit Schutzart IP65
  • einfache Installation dank vormontierter Solarkabel mit MC4 Stecker und Buchse
  • kleine Abmessungen (LxBxH): 840mm x 564mm x 4mm
  • Montage des Solarpanels durch verkleben oder Nutzung der Ringösen
  • Hersteller-Teilenummer (MPN): 010890
  • geringes Gewicht: nur 1,8 KG
  • bewährte Offgridtec Qualität: hergestellt ausschließlich aus Premium-Rohstoffen der höchsten Qualitätsstufe

Quelle: https://schnell-und-sicher-handelskontor.de/Offgridtec-ETFE-SPR-F-80-V2-80W-Solarmodul-flexibel-presiwert-bestellen

Begehbar musste nicht unbedingt sein, aber das geringe Gewicht und die Konstruktion für den maritimen Bereich war mir wichtig. Anfangs hatte ich die Paneele hinten am Heckkorb und an der Reling. Um etwas Stabilität in die Sache zu bekommen hatte ich Rahmen aus 1.4404 geschweißt. Zudem wurden die Paneele immer abgebaut und im Boot gelagert, wenn ich mal für längere Zeit von Bord bin. Leider hatte ich von Anfang an das Gefühl, daß die Zellen nicht die versprochene Leistung bringen. Erst habe ich es auf meine selbst gebauten Regler geschoben, Dann auf den Anbauort der Module und dann auf die Kabelquerschnitte. Die Regler konnte ich ausschließen, als ich 2 Paneele an meinen SilentWind Laderegler angeschlossen hatte. Um die Vermutung mit dem Anbauort war es geschehen, als ich die Teile Stück für Stück aufs Bimini gebaut habe. Ja und bei den Kabeln habe ich mal den Spannungsabfall gemessen. Der war aber lächerlich – wie viel soll auch Abfallen bei 1,5mm² und schlappen 4A.

Ich habe die Paneele zwar nie betreten, aber gewisse Belastungen haben sie schon erfahren. Strömender Regen, Wellenschlag, Windlast und die konstante Salzeinwirkung zähle ich jetzt mal zu normalen Betriebszuständen, wobei ich ein Paneel auch mal von Grund holen musste. Dann hat der Wind sich hin und wieder mal eins geholt und das einzige, was einen Tauchgang verhindert hat, war das Kabel, an dem es noch hing. Das ist natürlich nicht mit allen Modulen gleichmäßig passiert – ich würde sagen die, die backbord vorn lag, wurde am meisten erwischt – warum auch immer.

Da ich in der zerstörungsfreien Prüfung arbeite, hatte mich mehr und mehr interessiert, wie denn die Paneele nach 2 Jahren Dauereinsatz so aussehen. Wie der Zufall so will, bin ich nach ein paar Wochen auf Arbeit dazu gekommen eine OPC Schnittstelle für unsere LockIn Thermographie Anlage zu programmieren. Das praktische daran ist: Ich habe die Anlage gebaut und auch das Programm geschrieben.

Ein kleiner Exkurs in die aktive Thermographie und wie die Anlage funktioniert: Ein Prüfling wird periodisch erhitzt und immer wieder abkühlen lassen. Wie die Wärme zugeführt wird, ist im Prinzip egal. Während dieses Vorganges nimmt eine Wärmebildkamera kontinuierlich Bilder auf. Ein kompletter Heiz- und Kühlzyklus wird als eine Runde auf dem Vollkreis gewertet. Mal angenommen in einem Zyklus werden 360 Bilder aufgenommen, der Vollkreis hat 360° – damit wird jedes Grad einem Bild zugeordnet. Werte auf der x-Achse entsprechen dem Realteil und die der y-Achse dem Imaginärteil. Um nun die Bilder anteilig Real- und Imaginärteil zuzuordnen, müssen sie mit dem Kosinus und Sinus des momentanen Winkels multipliziert werden. Die Sinuswerte spiegeln dann den Imaginär- und die Kosinuswerte den Realteil wieder. Wer kann mir noch folgen? 😉 Jetzt wird es wieder einfacher, denn nach Beendigung der Datenaufnahme werden aus den Imaginärteil- (Sinus-) und Realteil- (Kosinus-) Bildern ein Amplituden- und ein Phasenbild gerechnet. Amplitude ist recht einfach: Sinus² + Kosinus² und daraus die Wurzel ziehen. Das Phasenbild wird über den Arcustangens gerechnet, wobei man dort auf eine Fallunterscheidung achten muß, je nachdem in welchem Quadrant der Wert sich befindet.

Im Phasenbild sieht man dann eine zeitliche Information über die Ausbreitung der Wärme und im Amplitudenbild die Änderung der Temperatur in Abhängigkeit zur Anregung.

Alles klar? Ja? Gut! Denn damit kann man dann jede Menge Quatsch machen:

der Kamera die Zunge herausstrecken
Winken…
schauen, wo das Laptop warm wird …
Jetzt wird es seriös: Ein Löffel auf einem Peltier-Element mit etwas Alufolie an der Seite.

Mal den Spaß beiseite. Hier ein paar Beispiele, was so möglich ist:

Wärmeausbreitung im Kühlkörper (das rote ist ein Peltierelement)
Wärmeausbreitung innerhalb des Peltierelementes
Wenn man es noch genauer wissen will: Wärmeausbreitung innerhalb der Elemente

Toll, nicht? Nicht das sich jemand wundert. Die Bilder stammen alle aus einer meiner Diplom- / Masterarbeiten.

Und was eben auch sehr gut geht sind Solarpaneele. Etwa so sehen ein paar gute Beispiele aus.

Man sieht ein paar rote Stellen. Das ist oft die Kontaktierung der einzelnen Zellen. Aber ansonsten war die Erwärmung der Module recht homogen und alle Zellen haben „mitgemacht“, sozusagen 😉

Da ich meine Softwareänderungen natürlich auch irgendwie testen musste, waren die Paneele vom Boot sehr Willkommen. Im Nachhinein hätte ich lieber etwas anderes nehmen sollen, denn die Ergebnisse waren doch eher ernüchternd.

Machen wir es mal so: Von „gut“ zu „naja“ (*hust*). Es sind immer zwei Bilder vom selben Modul. Das Obere ist das Amplituden- und das Untere ist das Phasenbild.

Ich nenne das mal Paneel Nummer 1. Etwa so ist es meiner Meinung nach 2 Jahren in Ordnung. Alle Zellen haben noch Kontakt, es gibt ein paar Brüche, aber Alles in Allem funktioniert das Teil noch auf der kompletten Fläche. Interessant finde ich, daß es hier nur eine Zelle gibt, die keinen Bruch hat (dritte Reihe, dritte von rechts).

Kommen wir nun zu Paneel Nummer 2. Was sehen wir da? Auf der rechten Seite funktioniert eine ganze Reihe gar nicht mehr. Im Amplitudenbild oben sieht man, wie die Wärme noch nach rechts „gekrochen“ ist, aber im Phasenbild wird klar, daß da nix mehr geht. Auch der Rest des Moduls zeigt eine recht inhomogene Erwärmung.

Modul Nummer 3, jetzt aber .. oder nicht? Hier funktioniert die rechte Seite übermäßig gut, aber im mittleren Bereich zeigt sich ein Totalausfall. Sehr interessant ist auch eine Zelle auf der zweiten Reihe (der blaue Rand). Ohne das Paneel zu zerlegen ist eine Interpretation allerdings sehr schwierig.

Modul 4 – das schlechteste zum Schluß. Die blauen Punkte im Amplitudenbild sind keine Kalt-„Spots“, sondern ein simpler Überlauf, der zeigt, daß die Heiz-Zeit viel zu lang war. Das sind punktförmige Kontaktfehler, die sehr schnell sehr heiß geworden sind. Da ist also neben den Ausfällen der Zellen auch noch etwas in den elektrischen Verbindungen defekt. Ansonsten sind gut 50% des Paneels defekt.

Ich denke mal damit habe ich genug Material geliefert um zu sagen:

Finger weg von diesen Teilen.

Marine und begehbar mögen stimmen, aber ob das Modul das aushält? Ich bin jedenfalls nie auf meinen herum getreten und habe die Teile in dem Umfeld benutzt, für das sie konstruiert wurden (sollen?). Wenn ich beim Einparken mal an einem Dalben hängen geblieben wäre und eine Zelle dann defekt wäre – da würde ich ja noch mitgehen. Aber das 25-50% der doch recht teuren Module nach schon 2 Jahren defekt sind, finde ich schon heftig. Wie gesagt, die Teile waren auf einen Rahmen geschraubt und wurden nicht bei jeder Böe hin- und hergebogen – naja…

Ich für meinen Teil werde wohl einen neuen Rahmen schweißen und feste Module mit Glasscheibe aufs Bimini schrauben.

Wie dem auch sei, ich wünsche dem Leser auf jeden Fall einen guten Rutsch ins Neue und ein angenehmes Jahr 2022!

so long,

Martin

Hie noch das Video dazu:

4 Antworten auf „Meine Solarpaneele nach 2 Jahren segeln“

  1. Hi Martin,
    wir wollten Dir nur mal hallo sagen und Dir ein Gutes Neues Jahr wünschen und damit Kunnt tun das wir Dich nicht vergessen haben.
    Reinhold und Helen

  2. Moin Martin
    Mehr Info über Solarpanels geht kaum. Super aufbereitet.
    So ein Beitrag würde ich mir auch über Deine Erfahrungen mit W-Lan von Dir wünschen. Vielleicht hast Du ja Lust dazu, darüber zu berichten. Ist ja ein Thema was auch immer bei so einer Mammutreise im Mittelpunkt steht.
    Einen guten Rutsch ins neue Jahr und bleib gesund.
    LG
    Uwe und Susanne von der Cappuccino

  3. Moin Martin,
    deine Informationsaufteilung Video und Blog war mir nicht bewusst. Aber wie du schon gesagt hast, im Blog steht alles und dein Fazit gehe ich auch mit.
    Ich rüste gerade mein Schiff, eine Bavaria 42 aus 2001, für Langfahrt aus und starte im Juni 22 mit meiner Reise. Bisher habe ich eine LIFEPO 4 Batteriebank aus Einzelzellen mit 800 AH beschafft und meine Standard 40 Ampere Lichtmaschine gegen eine 120 getauscht. Den Rest muss ich noch entscheiden, beschaffen und anbauen. Wenn du dich für neue Paneele entschieden hast, wäre ich über einen Hinweis dankbar. Danke noch mal für deinen Beitrag!
    VG aus Bremerhaven und einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht dir
    Marco

  4. Hi kutt.

    Klasse Thema, auch wenn ich von der technischen Umsetzung wenig Ahnung hab. 🙂

    Interessant wäre jetzt, wie sehen neue Panels aus…

    Bleib gesund und komm gut ins neue Jahr.

    Viele Grüße aus der Klingenstadt
    Christian

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