In Fecamp haben wir uns erst mal für 4 Tage (3 Übernachtungen) eingenistet. Der Grund war (wieder ein mal) der angesagte Westwind mit guten 5..6 Windstärken auf der Nase. So haben wir das Beste daraus gemacht und gelebt wie Gott in Frankreich – es gab Fisch, Muscheln, anderen Fisch: Lecker!
Die Entscheidung zu warten hat sich aber wirklich gelohnt, denn am Donnerstag (05.09.2019) stand im Hafen eine gute 6 BFT auf dem Windmesser. Die Meß-Tonne weiter draußen zeigte sogar eine gute 8 an, was man an den Wellen im Video ganz gut erahnen kann.
Also haben wir uns mit unseren Kameras bewaffnet, um das Kap Fagnet – ein mit sage und schreibe 110m Höhe über Fecamp gelegene Aussichtspunkt – zu erklimmen. Von oben hatte man eine phantastische Aussicht auf die „Alabasterküste“ der Normandie.
Ebenso beeindruckend, ob des Größenwahns, waren die Hinterlassenschaften der Küstenbefestigung aus der deutschen Besatzungszeit. Soweit das Auge reicht: Bunkerruinen und alte Geschützplattformen.
Weithin von See aus ist die Seefahrerkapelle Chapelle Notre-Dame-du-Salut auf dem Hügel zu sehen. Die Grundmauern der trutzigen Anlage stammen aus dem 11. Jh, womit die Kapelle zu einer der ältesten in der Normandie zählt. Seit dem 13. Jh ist sie ein Wallfahrtsort für Seefahrer. Die Tradition für Seefahrer und ihre sichere Heimkehr, Schutz vor Sturm und guten Fang zu beten ist bis heute fest im Lebensgefühl der Fécampiens verankert.
Wieder im Hafen schaue ich auf den Wasserstand in der Bilge … hmm .. wieder etwas mehr. Selene war doch aber eigentlich bei Reiseantritt dicht? Also begann die Suche: Borddurchlässe, Ruderschaft, Stopfbuchse .. alles staubtrocken. Beim herumleuchten im Maschinenkasten sehe ich Wassertropfen. Da ist doch tatsächlich die Dichtung vom Seegrasfilter gerissen. Aus Ermangelung an einem Neuteil klebe ich das Teil kurzerhand wieder zusammen. Jetzt weiß ich ja wo das Wasser wahrscheinlich wieder herkommen wird.
Fecamp hatte aber noch etwas gutes: So standen eines morgens Birte und Nico auf dem Steg und fragten welcher Liegeplatz denn noch frei sei. Sie hatten ähnlich viele Umpark-Aktionen durch. Die beiden haben das Bordleben auch mit einer einfährigen Auszeit vor vier Jahren begonnen, sich aber dann dafür entschieden, dauerhaft auf ihrem Boot zu leben. Es gibt dazu auch einen kurzweiligen Blog unter https://www.tamtam-sailing.de/. Da die beiden schon ein paar Jahre an der französischen Küste verbringen, wurden wir mit vielen nützlichen Infos für kommende Reviere versorgt. In Frankreich gibt es zwar (fast) überall W-Lan, jedoch ist die Bandbreite manchmal etwas mies ( so mies wie in D-land aber bei Weitem nicht…). Auch dafür wurde uns eine Lösung gezeigt: Von dem Anbieter „Free“ kann man in bestimmten Geschäften für 20€ eine Prepaid Simkarte kaufen, mit der man 100GB LTE Daten für 4 Wochen bekommt. Einziger Knackpunkt: die Karten bekommt man zwar am Automaten, diese stehen jedoch nicht in jeder Stadt zu Verfügung. In Cherbourg haben wir später eine erstanden – so fungiert Claudis Not-„Händie“ nun als W-Lan Hotspot.
Dann wollten wir aber weiter … Es ist schon frustrierend, wenn man nicht aus dem Hafen kann, weil einfach noch nicht genug Wasser da ist, damit die Tore geöffnet werden können. So verstrichen die ersten 5 Stunden Nordwind ungenutzt. Als sich am Donnerstag (5.9.2019) dann endlich gegen 14:30 Uhr die Tore öffneten, erwartete uns erst mal noch eine ganz schöne Welle in der Hafenausfahrt, die unser Deck ein paar mal ordentlich mit Wasser überspült hat – diesmal waren die Decksluken fest verschlossen.
Man soll in allem aber etwas gutes sehen, denn in Fecamp hatte ich noch unseren Schwanenhals (Kabeldurchführung vom Mast) und 2 Fenster neu eingedichtet. Test bestanden, kein Wasser im Boot.
Natürlich war der Nordwind ein Nordwestwind, sodaß wir 50 der gut 70 Meilen -wiedermal- konstant am Wind fahren mussten. Stampfen, Schräglage, alles rollert durch die Gegend – in einem Wort: Nervig! Aber wir sind mit gut 8 kn sehr schnell unterwegs, zumindest so lange der Gezeitenstrom mitmacht. Denn mit dem war gut 20 Meilen von dem Ziel Schluß. Der Wind hat auch gleich noch mit aufgegeben, was unsere Geschwindigkeit auf schlappe 1,5kn reduziert hat. Normalerweise würde ich mich ja einfach treiben lassen, aber in 4..5 h war schon wieder ein straffes Westwindfeld angesagt. Und wir wollten genau nach Westen. Zudem würde uns der Gezeitenstrom wieder zurück nach Osten bringen = Mist!
So haben wir uns per Dieselfock die etwa 5 Meilen bis zum Festland mit 3,5kn (2,5kn Gegenstrom) erkämpft. Ab dann gab es 2 Möglichkeiten. Entweder im sicheren Wasser weiter gegenan, oder ganz dicht an der Küste durch das Untiefengebiet. Da wir gerade Hochwasser hatten und meine Karten sehr detailiert sind habe ich mich für Nummer 2 entschieden. So ging die Fahrt mit starrem Blick auf den Kartenplotter weiter. Alles andere wäre auch sinnlos gewesen, denn es war stockfinstere Nacht.
Um 7 Uhr haben wir dann mit dem ersten schwachen Morgenrot die Leinen in Cherbourg festgemacht und dabei festgestellt, dass es auch mal wieder schön wäre, einen Hafen bei Tageslicht zu erreichen – in Cuxhafen war das das letzte Mal der Fall. Eigentlich wollten wir nur einen halben Tag bleiben, aber das Wetterfenster am Sonntag (8.9.2019) sah besser aus. Wir würden zwar diesmal im Dunkeln (ca. 6:30 Uhr) ablegen aber die Kanalinseln, welche das nächste Ziel sein sollten, tagsüber erreichen.
Damit blieb ein ganzer Tag Zeit Cherbourg mal anzuschauen – echt schön hier. Eine ausgedehnte Runde durch die Altstadt läßt Urlaubsfeeling á la Normandie aufkommen: enge Gassen, windschiefe Steinhäuser, Patisserien und Boulangerien, Bars, Cafès und jeder zweite hat das traditionelle It-Piece (ein Baguette) in der Hand. Zufällig komme ich an der „Manufacture de Parapluies de Cherbourg“, dem Regenschirm-Museum vorbei. In dem alterwürdigen Fabrikgebäude wurde bereits ab 1807 Regenschirme seriell produziert. Somit gilt Cherbourg als die „Haupstadt der Regenschirme“ in Frankreich/Europa. Die zum Teil handgefertigten Schirme (Geschnitzter Griff, besticktes Monogram, etc) haben dann auch ihren stolzen Preis … ab 165 € kann man sich ein personalisiertes Exemplar mitnehmen – fällt als Souvenir dann eher aus…
Das empfohlene Highlight der Mueseen Cherbourgs, La Cité de la Mer, haben wir uns denn für den zweiten Tag aufgehoben. Auf Grund der schieren Größe des vielseitigen Museeum rund um die ehemalige Abfertigungshalle der Ozeanriesen aus dem Beginn der Großschifffahrt, sollte man gut 6 Stunden einplanen, wenn man die 3 großen Hauptausstellungen besuchen möchte. Themen sind die Titanic (Cherbourg war einer der Häfen, welche das Schiff vor seiner Crashfahrt angelaufen hat), ein Meeresmuseeum (Fische!) und das erste nuklear angetriebene U-Boot der französischen Marine. Der Reaktorraum der „Le Redoutable“ – der Furchterregenden- ist zwar leer, aber vor allem durch den Audioguide ist es einen Rundgang wert. Der längste Absatz wird im Raketenraum erzählt. Schon erschreckend, wenn man die 16 Abschussrohre sieht und erklärt bekommt, daß alleine 2 dieser Raketen die Sprengkraft aller verbrauchen Munition beider (!) Weltkriege hatte.
Am Sonntag, dem 8.9.2019 ging es dann weiter! Ziel: Beaucette auf der Insel Guernsey. Die Terminfahrerei aus Wind und Tide gab uns zwei Möglichkeiten. Entweder abends losfahren und mitten in der Nacht ankommen, oder früh aufstehen und etwa Mittags ankommen. Beaucette hat noch ein weiteres Schmankerl: Die Einfahrt geht nur zwischen zwei Stunden vor, bis zwei Stunden nach Hochwasser. Wir entschieden und für die frühe Abfahrt, was eine gute Entscheidung war. Zum ersten gibt es in dem Gebiet unglaublich viele Austernbänke, die nur mit 2 kleinen Bällen markiert sind. Selbst am Tag muß man pausenlos Ausschau halten, damit man sich sowas nicht in die Schraube holt. Nachts ist es wie „Russisch Roulette“. Zum zweiten ist hinter der Einfahrt von Beaucette eine (unbeleuchtete) Anzeige, die den Wasserstand über dem Süll (das ist die Kante, die verhindert, daß der Hafen bei Ebbe leer läuft) gibt. Und zum dritten ist die Einfahrt nur 8 Meter breit und vorher gibt es zwei Riffe, die mit (unbefeuerten) Spieren markiert sind.
Aber wir müssen zugeben: Es hat sich gelohnt! Der Hafen und das Flair sind so schön, daß man ins schwärmen kömmen könnte. Überhaupt, ich (Claudi) bin jetzt schon schwer verliebt in diese wunderschöne kleine Insel! Es gäbe zwar noch Saint Peter Port, jedoch hat uns dort die schiere Größe der Marina abgeschreckt. Vielleicht ist es ja dort auch schön, aber wir haben seit Abfahrt fast immer in solchen „Mega-Marinas“ gelegen. Beaucette war von daher die einzige Alternative, da es auch ein Klarierungshafen ist.
Zum Sonntag Nachmittag war der Hafenmeister/Zollbeamte schon außer Dienst. Unsere Ankunft hat er dennoch von seinem Angelkutter aus gegistriert, was er uns am nächsten Morgen beim Einklarieren erklärte – dazu gibt es aber mehr im nächsten Beitrag…
Hallo ihr 2. Das war uns eine große Freude euern Blog anzusehen. Wir hatten viel Spaß. Da erlebt Ihr ja wirklich viel. Es ist toll was es so alles gibt. Viele Grüße Mutti und Vati, weiter so!
Hey ihr beiden aus dem Pub von der Insel Herm. Dank Euch für Euren Kommentar 😉
Morgen gehts weiter Richtung Camaret-sur-Mer
Sorry … Kommentare waren leider deaktiviert :/