Etwas eher als erwartet geht es mit dem Unterwasserschiff los. Als ich Ende August 2021 wieder im Heimathafen angekommen bin hatte mich Elke-Maria aus dem MZ Forum zum Haff-Treffen auf die Liste genommen. Leider ist das Treffen dann Dank Corinna Corona ausgefallen. Ich hatte das schon lange abgehakt, als mir jemand sagte: „Dann sehen wir uns am Wochenende!“ – Meine Antwort war dann erst mal: „Ach so?“
Es stellte sich heraus, daß das Treffen über das Wochenende um den 1. Mai stattfinden sollte – und wir hatten schon Mittwoch. Natürlich hatte ich keinen Urlaub eingereicht, keine Unterkunft gebucht und auch nicht im Lager nachgefragt, ob ich ans Schiff kann.
Übernachtungsmöglichkeiten in Ueckermünde gibt es viele – sehr viele. Leider sind die meisten für mindestens x Tage und Ferienwohnungen für 2+ Personen. Im Schnitt würde ich 40..50€ pro Nacht sagen. Dafür das ich Solo bin, dort eigentlich nur Schlafen will und somit von 8-18 Uhr nicht da bin, ist es schon etwas teuer. In meiner Tiefphase auf Grenada hatte sich ein neuer Kontakt nach Ueckermünde ergeben. Katrin vom Kulturspeicher Ueckermünde hatte mich seinerzeit angeschrieben und mir Mut gemacht, als ich mich zu jeder Aktion schon sehr zwingen musste. Im Speicher gibt es neben einer sehr großen Ferienwohnung auch eine einfache Übernachtungsmöglichkeit, die von Tagesgästen des Speichers genutzt werden kann. Katrin ist im Vorsitz des Vereins und man kann schon sagen, daß die Sanierung des Speichers ihr Lebenswerk ist.
Auf der Webseite ausführlicher beschrieben an dieser Stelle 2 Fotos von vorher zu nachher:
Im Video habe ich nur mal kurz durchs Dachgeschoß geschwenkt, da das alte Gebälk schon imposant ist. Da es zur Zeit keine Galerie/Ausstellung gibt, ist das vermutlich auch in Ordnung.
Nach einer sehr erholsamen Nacht ging es Montag um 8 Uhr zu Selene. Es ist gerade Kranzeit und die Schiffe müssen aus der Halle. Da steht meins natürlich im Wege und wurde in Freie umquartiert. Darum hatte ich für die Schleifarbeiten auch gebeten. Draußen ist es einfach luftiger und man sieht mehr.
Wie immer – bevor man anfangen kann, gibt es etliche Dinge zu tun. Eine Kabeltrommel lag schon bereit – vielen Dank dafür – dann Akkus anschließen, Landstromkabel raus, Dinge aus dem Auto holen und umziehen. Natürlich wollte ich auch wissen, wie die Teppiche passen 🙂
Als nächstes hat mich eine Info interessiert, die ich in einem Forum gefunden habe. Da hatte jemand geschrieben, daß er sein VC17M Antifouling mit Spiritus herunter gewaschen hat. International bietet auch einen Verdünner an (General Thinner), bei dem damit geworben wird, man könne auch VC17m entfernen. Für 20€/Liter nicht gerade günstig. Ich hatte mir im Vorfeld schon Brennspiritus vom DM Markt besorgt – für schlappe 2€/Liter. Der erste Test am Ruder war sehr erfolgreich!
Somit ging es am Kiel los. Erst mal soviel herunter waschen, wie möglich. Der Bewuchs war wirklich stark und der Schleifer musste ran.
Da ich nicht zu viele Fehler machen wollte, war die Lernkurve erst mal recht flach. Die Vorbesitzer haben 2008 eine Osmose Prävention durchführen lassen. Also alles runter und neu aufbauen. Ich kenne das so, daß da mit einem konischen Fräser alles bis ins GFK heruntergeholt, dann neu auflaminiert wird und dann der Lackaufbau beginnt. An Selene ist unter dem Osmoseschutz jedoch eindeutig ein Gelcoat oder Topcoat. Ob dieser damals von der Werft gemacht wurde konnte ich nicht herausfinden. Ich weiß leider auch nicht, wie der originale Lackaufbau war. Was ich allerdings weiß ist: 5 Schichten VC tar2 und 3 Schichten VC17m. Am Kiel habe ich an mehreren Stellen (aus versehen) bis aufs Laminat geschliffen.
Zu erkennen: Weiß, Schwarz, Weiß, Schwarz, Weiß, Rot (?), VC17m. Das hatte mich eine Weile lang verwundert, da die schwarzen Schichten nicht mit Ethanol lösbar waren. Im Video nur ein kurzer Schnitt, aber beim Schleifen habe ich eine Weile darüber nachgedacht, bis es mir klar wurde. VC tar2 gibt es schwarz und weiß! Damit man sieht, wo man schon gerollt hat, wurde einfach Weiß und Schwarz übereinander aufgebracht! Natürlich habe ich Profi 3 Dosen VC tar2 in Weiß bestellt. Da macht es Sinn auch noch mal zwei Dosen in Schwarz zu bestellen. Das selbe gilt für VC Offshore. Das gibt es auch in Weiß.
Damit kommen nun 5 Schichten VC tar2 und 4 Schichten VC Offshore aufs Boot. Kosten: 1000€ nur für die Farbe – über das Schleifen und die Zeit reden wir besser nicht.
Was mich immer noch wundert ist diese rote Farbe zwischen VC tar2 und dem VC17m. VC Primocon ist grau – das kann es also nicht sein. Meine Vermutung ist im Moment, daß es wohl etwas aus dem VC 17m ist, jedenfalls lässt es sich sehr leicht mit Ethanol herunter waschen.
Den Kiel die schleifen war kein Problem. Ich habe mich erst mal nur um die Stellen gekümmert, die extrem vom Bewuchs befallen waren. Warum vor allem der Kiel so extrem befallen war, kann ich nur vermuten. Dieser ist aus Stahl und vielleicht hat das Eisen oder dessen Ionen unter den ganzen Schichten einen Angriffspunkt gebildet. Viel interessanter ist der Bewuchs um die Opferanoden – selbst am Rumpf im Bereich der Welle und des Propellers. Es sieht fast so aus, als wären die Muscheln/Korallen/Schleim vor allem in etwa 50cm um die Anoden gewachsen.
Das Thema Antifouling wurde in jedem Forum sicherlich schon bis zum erbrechen behandelt und alles wurde schon darüber gesagt – nur eben noch nicht von jedem.
Meine Erfahrung nach den 2 Jahren im Blauwasser: Hartantifouling nur wenn man ständig fährt. Bei mehr als 2 Wochen Liegezeit beginnt der Rumpf zu bewachsen. Da ist das Mittel der Wahl ein Weichantifouling z.B. aus der Micron-Reihe. Ich bin jetzt nicht der größte Öko, aber bei dem Zeug ist die Umweltbelastung schon eine Sache. Ist das Boot im Wasser, man taucht mal draunter herum und kommt an den Rumpf ist man blau, rot, oder welche Farbe das Antifouling eben hat. Das geht alles ins Wasser. Möchte man das Antifouling neu machen ist der einzig sinvolle Weg den Kram vollständig zu entfernen. Das ist sehr viel Dreck. In der Karibik konnte man überall im Korallensand sehen, welche Farbe das letzte Boot hatte – bis der nächste Regen kommt. Auch ein Grund, warum ich auf Carriacou nicht mehr Barfuß herumgelaufen bin. Coppercoat wäre noch eine Idee. Jeder, also wirklich jeder, der sein Schiff im Wasser hatte und wo das Produkt drauf war, war hellauf begeistert. In der Werft sah das schon etwas anders aus. Man entwickelt nach einer Weile einen Blick welches Schiff welchen Typ Antifouling drauf hat – auch Coppercoat. Da ich schon viel darüber gelesen habe, schaut man sich diese Boote natürlich genauer an und findet Risse und Macken. Das muß nicht unbedingt an Coppercoat liegen oder ob es richtig verarbeitet wurde. Jedes Schiff hat im Unterwasserbereich unterschiedliche Materialien (z.B. Rumpf und Kiel), unterschiedliche Wandstärken und Versteifungen. Da jedes Polymer altert, entstehen irgendendwann mal Risse oder Delaminationen. Für die Ewigkeit ist es also auch nix und mit einem gewissen Aufwand kann man kleinere Reparaturen machen. Es kommt jedoch irgendwann mal der Punkt, wo das nicht mehr geht und ein Neuaufbau Sinn macht.
In meinem Fall wurde die Behandlung 2008 durchgeführt und ist damit 14 Jahre alt. Im Grund ist die Sperrschicht noch ganz in Ordnung, benötigt jedoch an einigen Stellen Pflege. Da ich kein Flickwerk haben möchte, mache ich ein mal komplett.
Das Schleifen über Kopf ist anstrengend – sehr anstrengend. So anstrengend, daß ich am Tag 2 etwas anders machen musste. Ein Klotz und eine Latte waren die Lösung. Der Klotz zum sitzen und und die Latte hatte genau die Länge, daß ich damit den Schleifer mit meinem Knie gegen den Rumpf drücken konnte. Simple Lösung, aber der Kraftaufwand hat sich um locker 90% reduziert.
Vorher mit Ethanol soviel es geht abwischen und dann schleifen. Dies ging unter dem Schiff deutlich einfacher als seitlich direkt unter dem Wasserpass. Etwas nervig ist auch, daß sich das Schleifpapier schnell mit Antifouling zusetzt, wenn man nicht genug per Spitius und Lappen entfernt hat. Um dem entgegen zu wirken habe ich schon Schleifvlies besogt. Mal schauen, ob das besser geht.
Nach 3 Tagen hatte ich gut die Hälfte geschafft und mein „Urlaub“ ging zu Ende. Bevor die Rolle zum Einsatz kommt gibt es noch einiges zu tun:
- die ganzen Ecken und Kanten schleifen
- andere Seite des Rumpfes schleifen
- diverse Schmisse und Platzer mit Epoxyspachtel ausbessern
- kompletten Rumpf noch mal mit Spiritus putzen, um die letzten Reste zu entfernen
- Rumpf mit 240er Papier glätten
- Farbauftrag
Der Beitrag ist „Teil 1 von ?“, weil ich nicht nicht so genau weiß, wie viele noch kommen werden. Vielleicht regnet es beim nächsten mal auch pausenlos und ich mache etwas anderes am Schiff…
So long,
Martin
Hallo Martin, du machst dir wieder viel arbeit. Der Tipp mit dem Spiritus war für mich neu, danke! Weiter so mit deinen Videos. Schade, dass wir uns auf den Azoren nicht mehr getroffen haben. Wir sind, dank Corinna / C19 jetzt erstmal ins Mittelmeer. Lieben Gruß aus Griechenland von der Mokendeist, Stefan https://mokendeistsegeln.wordpress.com/
Hallo Martin,
ich habe mich richtig über unser Wiedersehen im Winterlager gefreut. Wir sind ab dem 25.5. wieder im Ümü auf unserem „neuen“ Boot. Du bist herzlich eingeladen 🙂 Deine Mutter hat meine Telefonummer, melde dich doch einfach. Bis bald und herzliche Grüße, auch von Heinz.
Sabine
Hey Martin,
langweilig wird Dir sicher nicht. ????
Wenn ich deinen Bericht lese, komme ich zum Schluss, die perfekt er Kate Beschichtung wurde wohl noch nicht erfunden …
Hallo Martin,
Schön, mal wieder etwas von dir zu hören und zu sehen. Da hast du ja noch ein wenig Arbeit vor dir.
Ich habe demnächst irgendwo in Sachsen eine Schulung, weiß aber noch nicht, wann und wo…
Würde mich sehr gerne dann mal mit dir treffen, wenn es dir recht ist.
Ich bin zwischenzeitlich Pensionär geworden und muss dann nicht immer sofort ins normale Leben zurück, sondern kann mir dann auch mal Orte in Ruhe anschauen.
LG Wolfgang