Porto? Oporto? … Oh Porto!

Die Überfahrt von Puerto Finistra nach Porto verlief trotz Lorenzo und seiner Vorboten sehr gemächlich, zu gemächlich um genau zu sein. Wir starten gegen Mittag bei 6 – 12 kn Wind aus W/SW. Das Cabo Finisterre strahlt heute wie zum Hohn in der Sonne, gestern hat man die Hand vor Augen durch den Nebel kaum gesehen.  Laut Vorhersage soll es bis zum nächsten Tag konstant bei 3 (min 2) Bft aus West bleiben, was einen perfekten Halbwindkurs für uns bedeutet. Die 115 Meilen bis Porto sollten gut in 20 – 24 h zu schaffen sein – denkste!

Ein strahlend schöner Segeltag wartet auf uns, nur der Wind ist leider recht unstet. Er pendelt zwischen 5 -14 kn, wodurch unsere Kurslinie ziemlich krackelig aussieht. Nach 10 Stunden haben wir gerade einmal 40 sm geschafft. Durch die hohe Dünung, die von ferne zwar zum Teil gewaltig ausschaut aber ganz sanft in langen Wogen unter dem Schiff durchrollt, fangen die Segel bei Schwachwind arg an zu schlagen, echt nervig! Jetzt da die Sonne untergegangen ist und mit der Dunkelheit sich die Nässe im Schiff und auf dem Deck niederschlägt, wollen wir nicht bei dem Geschaukel auf dem Vordeck rumturnen um das Vorsegel auszubaumen. Hinterher ist man immer schlauer, in Zukunft machen wir das besser gleich noch bei Tageslicht und bevor nur noch ein laues Lüftchen weht.

Ein was Positives hat unsere Dümpelei allerdings schon: kurz vor Sonnenuntergang bekommen wir wiedermal Besuch von Delphinen, unglaublich vielen Delphinen und sie bringen viel viel Zeit mit. Eine geschlagenen Stunde schwimmen sie mit uns nach Süden, in den Sonnenuntergang, bei leichtem Geschaukel … kitschiger geht es nicht! Und dennoch immer wieder so schön anzuschauen!

Die Nacht zieht sich dann wie Kaugummi: mal können wir segeln bei leichtem Wind, mal herrscht Flaute und die Maschine läuft. Um 8:00 geht endlich die Sonne auf und vertreibt die Kälte und Nässe. Der Perkins schiebt uns gerade wieder, als erneut Delphine vorbei schauen. Erstaunlich für mich, denn ich dachte bisher, dass sich Fische bzw. auch Delphine von Motorengeräuschen eher bedroht fühlen und das Weite suchen. Diese ganz offensichtlich nicht, und so begleiten sie Selene für gute 2 – 3 Meilen mit ihrem üblichen spielerischen Gehabe. Gut auch, dass es hell wird. Vor der portugiesischen Küste stehen selbst bei reichlich 100m Wassertiefe Fischerfähnchen, die man Nachts natürlich nicht sieht und drüber fährt, ist uns heute Nacht schon passiert. Solange nichts am Ruder oder der Schraube hängen bleibt, mag das alles gehen. Dennoch fahren wir lieber einen Bogen um sie herum, wenn wir sie rechtzeitig sehen.

Nach 28 h! ist es dann endlich geschafft und wir laufen bei herrlichem Spätsommer-Sonnenschein in der Duro Marina von Porto ein. Gut, es hätte auch ne Stunde früher sein können, wenn Martin nicht ganz zielsicher in die falsche Marina (Leixoes) ein Stück nördich vom Duro-Fluß navigiert hätte … so what, kann passieren 😉 Die Angestellten der Marina sind unglaublich freundlich und hilfsbereit. Wir werden mit einem Dinghi an den Steg eskortiert, man hilft beim Anlagen … und dann steht da auch gleich der Zoll! „Guten Tag, wie geht es Ihnen? Mein Name ist XY. Hatten Sie eine gute Überfahrt? Dürften wir bitte Ihre Papiere sehen…“ Sehr nett, sehr zuvorkommend, nach 5 Minuten ist alles erledigt. Gleiches im Hafenmeisterbüro, man hilft uns mit Sightseeing-Tips, Fährverbindungen, Restaurantempfehlungen, Do`s and Dont`s, alles in allem ein sehr herzlicher Empfang hier. Bin ja mal gespannt, ob das die Tage in Porto so bleibt….

Gleich vorweg – Nein! Wobei dies nicht den Einwohnern Portos anzulasten ist sondern der schier unglaublichen Zahl an unfreundlichen, rücksichtslosen und lauten Touristen, die diese Stadt überschwemmen. Jetzt da ich den Beitrag in der schon fast wie Einöde anmutenden Idylle von Nazaré schreibe, bin ich noch immer von Porto hin und her gerissen. Einerseits eine wunderschöne, sehenswerte Stadt, die an nahezu jedem Haus, jeder Gasse und jedem noch so kleinen Platz einen unglaublichen Reichtum an Geschichten bereit hält. Andererseits der Kommerz, der Verfall und der ohrenbetäubende Lärm, verursacht von Reisebussen, Tourikutschen, Ausflugsdampfern, Musikbeschallung aller Art und dem Stimmengewirr von unzähligen Touristen. Porto ist m.M.n. auf dem besten Weg, das gleiche Schicksal zu erleiden wie z.B. Venedig, denn es zeigen sich hier überdeutlich die negativen Auswirkungen der boomenden Tourismuswirtschaft. Es gibt nicht nur eine HoppOn-HoppOff-Buslinie, nein, Porto hat drei solcher Busunternehmen, die im 15 Minuten-Takt u.a. durch die enge Altstadt kurven. Dazu gehören mindestens drei Touristenbootflotten, die den Duro-Fluß rauf und runter fahren. Wem das zu „un-exciting“ ist, kann mit einem Speedboat die gleiche Tour allerdings mit 60 km/h auf dem Duro buchen (und das machen viele). Wem das immer noch nicht reicht, mietet sich ein Jet-Ski und dreht stundenlang seine Runden direkt vor der Altstadtpromenade – auch das machen viele, hauptsächlich testosterongesteuerte Halbstarke. Und wer sich mal so richtig was gönnen will, kann sich per Heli-Sightseeing über die Stadt fliegen lassen. Prima. In der Regel kreisten 2 Hubschrauber über Porto. Fairerweise muss ich zugeben, auch wir haben uns zum Teil des Problems gemacht. Um einen ersten Überblick zu bekommen haben wir ebenfals ne Bustour gebucht, bei der die Flußfahrt und der Besuch einer Portwein-Destille inkludiert waren. Für einen groben Überblick war das o.k., mehr aber auch nicht. Mir war das nach zwei Tagen alles zu viel, eigentlich schon nach zwei Stunden. Und so haben wir beschlossen, um die Hightlights einen weiten Bogen zu machen. Statt zu den Hauptsehenswürdigkeiten sind wir bewußt nur noch in die kleinen, verwinkelten Gassen weit weg der Touristenströme durch die Stadt geschlendert. Letztendlich haben wir dadurch bezaubernde Ecken in Porto gesehen und gefunden, die nicht millionenfach auf Instagramm gepostet werden, wie ander Motive der Stadt. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass es den meisten Besuchern im Grunde völlig egal ist, wo sie gerade sind, hauptsache das Foto passt: Selbstdarsteller ohne Ende, Posen bis der Shot endlich im Kasten (Handy) ist, wahlweise mit Selfi-Stick oder man hat direkt einen Fotographen dabei … ein Hoch auf Instagramm! Aber lassen wir das 😉

Ein wirklich guter Tipp der sehr netten Dame im Marina-Office hat uns dann doch ein wenig mit der Stadt versöhnt. Das Angebot: eine Resevierung bei „Churchill`s“, einer kleinen Portweinmanufaktur etwas außerhalb vom Stadtteil Gaia, wo die Mehrzahl der Portweinhersteller angesiedelt sind. Einen Produzenten hatten wir am Vortag schon besichtigt, „Calem“, einer der größeren und sehr touristisch geprägten Massenabfertigungen. Also sind wir ohne größere Erwartungen auf eine Anhöhe über der Stadt gekraxelt und schon der Ausblick hat entschädigt. Die kleine Porteinmanufaktur liegt sehr versteckt und wirkte auf uns dennoch sehr einladent, fast schon familiär. An eine wirklich ausführliche Führung durch die Weinkeller mit einer kleinen Gruppen von gerade mal 8 Leuten, schloss sich direkt die Verkostung an, die an jedem Tisch individuell mit einem Angestellten zelebriert wurde. Geduldig wurden alle Fragen beantwortet und die Unterschiede der Portweine (Ruby, Tawny, Vintage, LBV`s, …) der verwendeten Trauben, Anbaugebiet, Fässer, Lagerung, Alter u.s.w. erklärt – insgesamt sehr, sehr schön, unglaublich lecker und absolut empfehlenswert. Als Gäste der Duro-Marina war der Besuch für uns kostenfrei allerdngs nicht kostenlos, da wir natürlich nicht mit leeren Händen zum Boot zurück gekehrt sind 😉

Rückblickend muss ich sagen, eigentlich war es doch sehr schön. Vielleicht sind es aber eher die kleinen Dinge, die so besonders für Porto sind: sei es die schaukelige Überquerung des kabbeligen Duro mit der Fähre, die Fahrt mit der altehrwürdigen Straßenbahn, die auch noch unterwegs kaputt ging und innerhalb von 15 Minuten mit Feile und Graphit (und ohne Diagnosegeräte) repariert wurde, die überlaufene aber fantastische Aussicht über die Dächer Portos von der Ponte Luís I, die Verkostung bei „Churchills“, die bunten schmalen Häuser an der Hafenpromenade, das kleine Dorf São Pedro da Afurada, das direkt hinter der Duro-Marina liegt oder das unglaublich gute Essen in der Taberna São Pedro – irgendwann komme ich vielleicht doch nochmal hier her.

Am Boot gab es nach der letzten Überfahrt keinen großen Reperaturen oder Wartungen zu erledigen, lediglich ein kaputtes Polster und n´paar Kleinigkeiten, so dass wir nach spätestens 5 Tagen die Leinen wieder loswerfen wollen. Am Tag vor der Abfahrt zieht es mich noch einmal raus aus der Stadt und an den Strand. Von ferne hört man schon ganz gut das Grollen der Wellen, die sich dann beim Näherkommen auch mit beachtlicher Wucht auf den Strand werfen. Wenn diese Wellen unter Selene durchrollen fühlt sich das bei Weitem nicht so mächtig an, wie es hier dann aussieht.

Nun, wir werden sehen wie gut wir diesmal mit dem vorhergesagtem Nordwind weiter gen Süden kommen. Das nächstes Ziel heißt Nazaré, da wo die wirklich großen Wellen sind … und nicht vergessen, bei Vorwindkurs gleich die Genua ausbaumen, sonst wird das nix mit Schlafen unterwegs 😉

11 Antworten auf „Porto? Oporto? … Oh Porto!“

  1. Hallo Martin & Claudia,
    gratuliere Euch zu den toll gemachten Videos und Reiseberichten. Echt klasse!
    Und Chapeau an Martin für seine Technikbeiträge, auch wenn mich da vieles überfordern würde, getade was programmieren und löten anbelangt, aber echt tolle Ideen, vor allem der Autopilot, allererste Sahne….

    Eine Frage hätte ich noch wegen der Liegeplatzkosten:
    Martin, du hast erwähnt, ihr seid in in einem trans-europe-Verbund… Oder meintest du Trans Ocean wegen verminderter Liegeplatzgebühren?
    Handbreit & ????????
    Uwe

    1. Hallo Uwe,

      nö – ich meine TransEurope 😉 Link: https://www.transeuropemarinas.com/

      Wir, also Claudi hat das Ganze in dem Beitrag über Herm beschrieben: https://martin-kuettner.de/?p=1753

      Mitglied wird man automatisch, wenn man seinen Dauerliegeplatz in einer der TransEurope Marinas hat. Ueckermünde gehört dazu und unser Hafenmeister Siggi drückete mir 2 Tage vor Abfahrt noch eine Bescheinigung in die Hand. Bis jetzt hat sich das voll gelohnt!

  2. Ihr lieben Zwei,

    das ist wirklich sooooo toll, dass Ihr uns an Eurer Reise teilnehmen lasst. 1000 Dank dafür. Wir würden ja auch gerne so segeln aber die aktuellen Umstände lassen es nicht zu. Jetzt können wir wenigstens bei Euch mitschauen, herzlich, Cornelius & Bettina.

    1. Hallo ihr Beiden!
      Danke für die nette Antwort. Ja – bei den langen Beiträgen geben wir uns schon viel Mühe. z.B. Für den Part von Claudi im Video haben wir bis früh um 5 gesessen 😉

      Schön, daß es ankommt. Grüße aus Sines!

  3. Hallo ihr Lieben, danke fü die wunderschönen Bilder und Aufnahmen von Porto. Ich schwelge in Erinnerungen. Mir hat die Stadt auch unheimlich gut gefallen.
    Liebe Grüße Evi

  4. Liebe Claudia,
    es ist so schön, deine tollen Reiseberichte zu lesen und Martins Videos zu sehen. Ich wünsche euch eine weitere tolle Reise und lässt uns weiter teilhaben an eurer tollen Reise. LG Andrea (alte Kollegin von Claudi????)

    1. Heyho Andrea!

      Mei, das freut mich riesig, Grüße aus der Heimat! Vielen lieben Dank dafür!
      Und gleich vorweg: so alt bist du doch gar nicht 😉

      Ich hoffe bei dir/bei euch läuft alles gut und wahrscheinlich den gewohnten Gang. Hin und wieder muss ich doch an die Firma, die Arbeit und die lieben Kollegen denken … meistens Sonntag Abend (so ich denn weiß, welcher Wochentag gerade ist) … und dann schau ich auf`s Meer und schmunzel ein wenig vor mich hin. 🙂
      Gerne wollen wir dich und Euch weiter an unserer Reise teilhaben lassen. In ca. 1 – max. 2 Wochen beginnt dann das wirklich große Abenteuer und die ersten Mehrtages-/Wochenetappen über den Atlantik stehen an. Ich bin gespannt!

      Viele liebe Grüße aus Nazaré auch an den Rest der Belegschaft,
      Claudia

  5. Hallo ihr zwei, eure Reise ist so vielfältig an Erlebnissen, man freut sich schon auf eure tollen Kommentare von wo auch immer ihr seid – weiter so und passt gut auf euch auf – LG. Maria

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