St. Maarten – Hier bekommt man alles ;)

Beim Schnitt des Videos musste ich etwas lachen. Es beginnt mit: „OK, 26 Zentimeter“ 😉 Im Lied sind es zwar nur 20, aber ich finde es trotzdem irgendwie lustig. Selene ist zwar segelbar, jedoch hat die alte Dame hier und da ein Ziepen, was ich als erstes auf St. Maarten beheben möchte.

Dann mal los: Nicht besonders wichtig, aber doch etwas nervig empfand ich, daß der Wasserstandsgeber meiner Bilge wohl eindeutig Quatsch anzeigt. Die „26 cm“ würden bedeuten, daß das Wasser in der Bilge 26 cm hoch steht, also bis zum Geber randvoll ist.

Der Defekt muß wohl bei der Anfahrt unter Maschine auf St. Maarten passiert sein, denn nach dem Abschalten des Motors war auf ein mal die Bilgenpumpe zu hören. Ich hatte seinerzeit darauf geachtet eine trockenlaufsichere Pumpe zu kaufen, also ist kein Schaden entstanden.

Nun war die große Frage: Wie kommt das Teil auf den Wert? Wer mich und mein Schiff kennt wird sicher wissen, daß auch dies ein Eigenbau ist. Die Funktion ist sehr simpel. Ein Mikrocontroller schickt einen Trigger an einen Ultraschallgeber, der dann einen Puls zurücksendet, dessen Länge von der Zeit abhängt, bis ein Echo zurück kommt. Per Interrupt bekommt man darüber sehr leicht die Distanz über die Schallgeschwindigkeit der Luft heraus. Da sich die Apparatur auf Meereshöhe befindet (hoffentlich immer) braucht man auch keine Korrekturen anwenden. Der Rest ist sehr einfach: Ist der Wert größer 10 cm, dann wird so lange gepumpt, bis er auf unter 5 cm gesunken ist. Dann gibt es noch einen Schalter, mit dem man das Ganze auch manuell auslösen kann, sowie ein kleines Mäusekino, err. Display – fertig.

Auf meiner Suche nach dem Fehler habe ich erst mal den Controller ausgetauscht. Der Grund dafür war eigentlich nur, weil ich alle möglichen Ersatzteile dabei habe, außer so einen blöden Ultraschallgeber, der schlappe 2 € beim netten Mann aus China kostet. Natürlich war der Controller völlig in Ordnung :/

Also ging es dem Geber an den Kragen. Um den aber heraus zu bekommen, mußte die Starterbatterie ausgebaut werden, welche seit dem Akkuwechsel in St. Vincent einen neuen Platz nahe am Motor gefunden hatte. Der Fehler war schnell lokalisiert. An den Gebern befinden sich kleine Schalltrichter und einer der beiden war abgefallen. Anstatt mal 5 Minuten nachzudenken habe ich das Ganze als „nicht reparabel“ abgetan und Selene wieder zusammengebaut. Als ich dann so im Cockpit saß, hatte ich die Idee den kleinen Schalltrichter einfach anzukleben. Der Gedanke hat mich nicht losgelassen und ich hab das Boot wieder zerlegt, um nochmals an den Geber zu kommen.

Was soll ich sagen! Es funktioniert! Toll!

Verrückt, wie man gut 400 Worte über einen belanglosen Wasserstandsgeber schreiben kann. Ich sage mal so: Ich habe mich schon kurz gefasst 😉

Das nächste Projekt ist die Persenning (Lazybag-System) von meinem Großsegel. Nachdem sich recht früh in der Reise die Nähte aufgelöst haben und Uta diese, unter Einsatz ihres Lebens, per Hand nachgenäht hat, war beim Einpacken der Segel vor St. Maarten dann Feierabend.

Utas Naht hat super gehalten, allerdings ist der Reißverschluß über ca. 1 m Länge in sich zerbröselt – toll. Irgendwie hatte ich das Gefühl, Selene will Zuneigung. Kein Problem, kann Sie haben – ich habe Zeit!

Nach einem kurzen Besuch beim netten Segelmacher, hatte ich einen 120 Zoll langen Reißverschluß, sowie eine Rolle Polyestergarn in der Hand. Kosten: Schlappe 27 US$. Der alte Reißverschluß war schnell herausgetrennt und Dank meiner tollen Singer Nähmaschine, sollte der Neue in Null-Komma-Nix drin sein. Nun ja, denkste. 1 m Nähen, Faden gerissen – 10 cm Nähen, klemmt – und und und …

Ich hatte dann eine kurze Diskussion mit der Maschine, bis ich herausgefunden habe, daß die Nadel falsch herum drin ist. Das lustige ist jedoch – Das war schon so, als ich die Maschine bekomme habe. Somit habe ich den ganzen Kram, inklusive meines Dinghy Covers, mit einer falsch herum montierten Nadel genäht. Und es hat funktioniert! Für alle, die es interessiert. Die  Nadel hat eine Kerbe, in welcher der Faden von der Rolle geführt wird. Ist der Stoff zu fest, dann klemmt er ein und reißt.

Nachdem ich das herausgefunden hatte ging es dem Stoff wie am „Suicide-Sunday“ in Grenada zu Leibe. Mit Vollgas 😉 Zur Erklärung: „Suicide-Sundays“ werden die Sonntage von den Seglern auf Grenada genannt, weil es an diesen Tagen lebensgefährlich ist in der Bucht zu schwimmen und man selbst im Dinghy sehr aufpassen muß. Grund sind die ganzen Locals, die mit ihren kleinen Holzbooten und mind. 85 PS am Spiegel wie die Irren von Strand zu Strand ballern, um die Chicas zu beeindrucken. Unfälle sind die Regel und eine Versicherung hat keiner. Auf einigen Schwenks in der Bucht vor Hog Island, ist eine recht rostige Stahlyacht zu sehen. Diese gehörte einem Deutschen, der erst letztes Jahr unter der Brücke vor Hog Island von so einem Boot mit gut 40 kn überfahren wurde.

Aber genug abgeschweift – wir sind ja jetzt auf St. Maarten.

Also zurück nach Grenada 😉 Schon auf Carriacou hatte ich kleine Risse in den Beschlägen gesehen, welche die Unterwanten mit dem Mast verbinden. Die Oberwanten hatten diese Risse nicht. Wie viele wissen, arbeite ich in der zerstörungsfreien Prüfung, und da kommt es oft nicht darauf an, ob ein Riß da ist, sondern wie groß er ist und ob er wächst. Seinerzeit hatte ich aber andere Probleme und habe auch Claudi nichts davon gesagt. Auf Grenada bemerkte ich, daß die Risse doch langsam aber sicher wachsen und sich backbordseitig das Ganze zu einem Querriß ausweitet.

Aus irgend einem Grund wollte ich mich aber auch dort nicht damit beschäftigen. Ich hatte weder Lust die Rigger abzuklappern, noch irgend etwas daran zu ändern. Mir war klar, daß die Reise erst mal nach Norden gehen wird und der Wind für die nächsten 400 Meilen von Ost (also Steuerbord) blaßen wird. Dazu kamen die Infos aus dem Doyle Guide. Darin steht, St. Maarten sei eine Absprung-Insel für viele Segler, die den Atlantik überqueren wollen und die Versorgung mit Ersatzteilen nahezu perfekt sein soll.

Deshalb stand dieses Problem mittlerweile ganz oben auf meiner To-Do Liste. Nun baut man aber nicht einfach mal so schnell das halbe Rigg ab. Vor allem nicht mit 25 kn Wind und Schwell. Aber am 13.03. war es dann soweit. Mit ein paar Knoten Wind für die nächsten Tage und kaum Schwell waren die Unterwanten schnell abgebaut.

Beim Rigger habe ich schon mit dem höchsten Kosten gerechnet. Praktischerweise arbeitet bei FKG (http://www.fkgmarine.com/) Vroni, eine nette Dame aus Deutschland. Damit war es viel viel einfacher mein „Problem“ zu erklären. Sie holte einen Ihrer Kollegen, der auch gleich im Lager verschwand. Nach ein paar Minuten brachte er zwei dieser, ich nenne es jetzt einfach mal „Tassen“ und meinte: „10 Bucks each, if you can slide them on“. Damit meine er, ob die Teile vor dem Rollen der Terminals auf die Stahlseile geschoben wurden oder man diese von der Deckseite der Want über das Terminal bekommt. Ich war verblüfft, denn nachdem ich den Spanner abgeschraubt habe passte das Teil tatsächlich drüber. Also brauche ich keine neuen Wanten – Toll!

Die defekten Tassen lasse ich aber dennoch für gut 70 US$ schweißen. Das soll aber nur als Ersatzteil für den äußersten Notfall dienen.

Ach ja – an der Stelle noch eine kleine Sache: An der Walzung der unteren Terminals, habe ich so kleine Rostansätze im Bereich Stahlseil und Walzung. Er schaute kurz darauf, fragte wie alt das Rigg ist und als ich 2017 sagte meinte er nur: „Ach das ist kein Problem – das Rigg ist ja neu. Man sollte es wechseln, wenn die Kardele anfangen zu reißen“

Zurück am Boot wollte die ich Wanten so schnell wie möglich wieder installiert haben. FKG sagte mir, ich solle morgens kommen, damit sollten die Ersatzteile am selben Tag fertig sein. Da die „Reparatur“ aber so schnell ging, war ich schon um 10 Uhr wieder am Boot. Marta, die „Dancing Queen“ war bis 6 Uhr feiern und noch in den tiefsten Träumen. Kurzerhand habe ich die Wanten allein am Mast installiert und selbst der laute Knall der Popnieten hat Sie nicht geweckt – verrückt. Mit etwas Vorbereitung ist der Anbau aber leicht. Die Wanten habe ich übers Großfall hochgezogen. Dann einen Eimer mit allen nötigen Werkzeugen präpariert. Hochklettern, Tassen in den Mast legen und vernieten. Dazu nutze ich eine Nietzange für den Akkuschrauber, die mir seinerzeit Achim aus dem MZ-Forum empfohlen hat.

Quelle: Fortum

Mit einer normalen „Popzange“ sind Alunieten kein Problem. Ich nutze jedoch meist Nieten aus Monel oder Edelstahl. Erstere sind vor allem für die Verbindung von Edelstahl .. err Chromstahl mit Aluminimum gedacht und deutlich zäher, als Niete aus Aluminimum.

Anschließend kommt man zu einem Problem, vor dem jeder Segler steht. Wie stark zieht man das Rigg an? Ich versuche es mal kurz hier zu erklären, aber es gibt viel bessere Anleitungen im Netz. Einfach mal mal nach „Rigg Zollstockmethode“ suchen. Was ich jetzt schreibe gilt für normale Riggs aus 1×19 Nirostahl. Ziel ist es, das Rigg auf „etwa“ 15 .. 20 % der Bruchlast vorzuspannen. Bei 1×19 sind das etwa 2 bis 3 Millimeter Reck auf 2 Meter. Man entspannt das Stahlseil und setzt einen 2 Meter langen Zollstock auf die Walzung des Terminals. Dann klebt man den Zollstock am oberen Ende mit Klebeband an die Want. Damit der Zollstock parallel zur Want liegt klebe ich normalerweise ein paar Führungen dazwischen. Diese sollten aber frei auf der Want gleiten und nur am Zollstock kleben. Alternativ kann man sicher auch einfach ein paar Tampen locker darum binden.

Dann fängt man an die Spannschraube fester zu ziehen. Das macht mal steuer- und backbordseitig und peilt immer mal über den Mast nach oben, um zu prüfen, ob man ihn nicht krumm zieht. Hin und wieder mißt man mit einem Meßschieber den Abstand zwischen der Unterkante des Zollstocks und des Walzterminals. Ich ziehe die Sache lieber zu wenig, als zu fest an und habe bei 1,8 mm aufgehört.

Ich bin auf Selene über 10000 Meilen gesegelt und weiß, was das Boot abkann und wenn ich zu viel Segel gesetzt habe. Somit ziehe ich die Wanten nur so fest, daß beim übertagelten Segeln die Leewanten anfangen lose zu werden. Naja – „lose“ ist das falsche Wort. Man segelt halt und das Boot hat schon ordentlich Schräglage. Ich sehe dann, daß die Leewanten langsam an Spannung verlieren und reffe. Das ist sowieso besser, denn wenn ich die „Schrägsegler“ sehe, muß ich immer etwas lächeln. Das sind halt Leute, die das Boot über die Krängung reffen und dabei noch ohne Ende abdriften. Sieht sportlich aus – mehr aber auch nicht.

16.03.2021: Am Vorabend war ich und Marta zur Live Musik in „The Pub“. Das war echt toll. Ich habe ihr gesagt, daß ich am nächsten Tag gern mein Dinghy (wieder mal) reparieren möchte. Ich muß zugeben – mein kleines 460 € Ancheer mit Aluboden hat für die Zeit, die geplant war super gehalten. Dann wurden es zwei Jahre und die Probleme gingen los. Jetzt weiß ich auch, warum hier jeder ein Dinghy aus Hypalon hat. Die Dinghys aus PVC fangen nach einem Jahr in der karibischen Sonne an zu zerfallen. Problemkind Nummer eins sind die Nähte. So musste ich das Teil mittlerweile jedes mal aufpumpen, wenn ich damit fahren wollte. Ein paar Tage vorher dachte ich an eine einfache Lösung 😉 Einfach dort, wo die Luft heraus kommt einen Flicken drauf kleben.

Das Resultat war, daß die Luft dann wo anders heraus kommt. Also noch einen Flicken dahin. Dann kam die Luft innen heraus. Also der nächste Flicken .. und so weiter und so weiter. Gebracht hat es nichts.

Zurück zum „The Pub“. Marta fragte mich, ob ich mit zum „The Red Piano“ gehen will. Angeblich eine andere Bar. Ich habe erst mal abgelehnt und dann gesagt, ich komme später nach. Als ich dann gegen 24 Uhr aus dem „The Pub“ herausgekehrt wurde, bin ich zum „Piano“. Oh man .. oh man .. Was für eine Lokalität? Schon draußen wurde ich von mehreren dubios aussehenden Personen angesprochen, ob ich nicht „etwas“ kaufen will. Neben Ganja (Cannabis) wurden aber vor allem Heroin, Kokain und Pillen (was das auch immer sein mag) angepriesen. Natürlich habe ich alles abgelehnt. Im „Piano“ dann ultralaute Socca Musik, gestörte Leute und überteuerte Drinks. Ich weiß nicht warum, aber ich habe es bis etwa 1:30 Uhr da ausgehalten und dann Marta gesagt, daß ich gehe. Sie wollte nicht mitkommen, also bin ich alleine los.

Ehm .. worum ging es den überhaupt? Ach ja! Mein Dinghy!

Ich bin also am nächsten Morgen gerade so schön am Kleben meines Dinghys, als ich eine Nachricht von Marta bekomme, ob ich sie abholen kann. Ähm .. Nein .. und schicke einfach ein Bild vom zerlegten Dinghy.

Ich hatte Ihr ja gesagt, daß ich das Teil an dem Tag reparieren will. Irgendwann bringt sie jemand vorbei und sie verschwindet im Bett – 12 Uhr Mittags .. Ich lasse mich davon nicht beeindrucken und repariere den Rest des Tages mein Dinghy, was diesmal deutlich erfolgreicher war. Gott sei Dank!

Am 22.03., nach 2 Wochen auf St. Maarten, raffe ich mich zu ersten mal auf, mir irgend etwas anzuschauen. Ja, ich weiß: Das mag jetzt etwas komisch klingen, aber bis Dato war für mich die Priorität das Boot auf die Überfahrt vorzubereiten. Es könnte ja auch sein, daß eine Reparatur einige Zeit in Anspruch nimmt oder gar Teile importiert werden müssen. Ich war zwar in vielen Bars und habe Live Musik gehört, aber das Boot war für mich immer Priorität Nummer eins. Heute ist es jedoch soweit: Der famose Maho Beach.

Über diesen Strand gibt es tausende Videos, weil er direkt am Ende des Internationalen Flughafens auf St. Maarten liegt. Man sieht entweder direkt in die Triebwerke der Flugzeuge, oder sieht sie auf sich zu brausen. Natürlich muß ich mir das ansehen. Leider gibt es an diesem Tag nur einen internationalen Flug nach Niederlande. Ich finde trotzdem, daß der kleine Clip ganz gut geworden ist 😉

Der Abend klingt im „The Pub“ aus, einer Kneipe, die von Tanja – einer Deutschen – geführt wird. Ich bin ja eigentlich nicht so der Kneipengänger, aber die Bar weckt für mich ein gewisses Heimatgefühl. Ein paar Tage vorher hatte ich mich schon mal eine Weile mit Tanja unterhalten und Sie meinte, daß dies auch so gewollt ist. Auf St. Maarten gibt es alle möglichen Bars, welche an ihr Heimatland angelehnt sind. Hier mal ein paar Beispiele: „The Pub“ – deutsch, „Dinghy Dock“ – amerikanisch, „Lagoonies“ – französisch, „Beirut – SMX“ – libanesisch, „Little Jerusalem“ – jüdisch, „White Swan“ – chinesisch, und so weiter und so weiter. Im „The Pub“ läuft jeden Abend Live Musik, was mir persönlich, außer Montags, immer recht gut gefällt. Warum nicht am Montag? Ich denke mal das wird klar, wenn man das Video schaut. Da sind zwei Mitschnitte vom Pub eingefügt. Obwohl es so aussieht, als wäre das am selben Abend entstanden, ist es in Wirklichkeit an zwei unterschiedlichen Tagen gefilmt. Einer davon war ein Montag (da wo der Captain von Jean Claude van Dammes Boot zu sehen ist). Die Musik war so laut, daß selbst mein teures Rhode Mikrophon völlig übersteuert hat…

23.03.2021: Marta erzählt mir, Sie hätte ganz spontan eine Anstellung auf einer Mega-Yacht gefunden. Naja, das muß etwas relativiert werden 😉 „Anstellung“ bedeutet eine befristete Tätigkeit zum Putzen und Chrom polieren für 2 Wochen. Und Mega-Yacht bedeutet ein 45 Meter Motor-Charter-Boot für die untere Oberklasse –> Charterlink. Sie ist trotzdem völlig aufgeregt und gespannt, was so alles passieren wird. Ich meine, wer wäre das nicht? Mit 23 Jahren habe ich damals an meinen Studium der Mikrosystemtechnik gebüffelt und Sie schlägt sich seit gut einem Jahr allein durch, ohne einen wirklichen Plan zu haben oder eine Idee wohin die Reise noch gehen soll. Und dann wird man auf so ein Boot zum Arbeiten eingeladen – also warum nicht? So unterschiedlich sind die Menschen, denn für mich wäre so ein Leben nichts. Im permanenten Urlaubsmodus zu sein und hier und da mal ein paar Dollar machen, um nicht Pleite zu gehen würde mich persönlich nicht befriedigen.

Damit möchte ich mal zu einem kleinen Zwischenfazit von St. Maarten kommen. Im Gegensatz zu den urigen Karibikinseln fühle ich mich hier schon fast wie in Europa, nur das „Show und Shine“ wird hier mehr zur Schau gestellt. Die innere Bucht ist eigentlich eine Art lange Hafen-Meile, die Boote bis über 100m Länge aufnehmen kann. So reihen sich zu den völlig überteuerten Marinas (100 US$/Nacht für ein 45 ft Segelboot in der Simpson Bay Marina) die Minni- bis Supermegayachten. An den wenigen Dinghy Docks ist mein Dinghy immer das kleinste und sorgt, Dank der bunten Aufmachung, immer für Gesprächsstoff. Es gibt aber auch Dinghys, die so viel wie Selene wert sind – Verrückt. Ich hatte einige (für mich sehr unterhaltsame) Gespräche mit gut betuchten Leuten, die gar nicht fassen konnten, daß ich alleine unterwegs bin. Neben den üblichen Fragen zum Segeln etc. werden die Augen recht groß, wenn man dann Themen wie Mastklettern, Nähen, Kochen, Trinkwasser besorgen, Unterwasserarbeiten, Technik, Elektronik und natürlich auch die Wartung der Toilette anspricht – sozusagen: Alles was an Bord zu tun ist muß ich selbst erledigen. Um es kurz zu machen, hier wird schon gern gezeigt, was man so hat und was Geld alles möglich macht.

Das Treiben ist aber durchaus gewollt. Nachdem die Wirtschaft in St. Maarten in den 1960 Jahren durch den Zusammenbruch der Tabakindustrie rückläufig war, wurde die Insel zu einer Steueroase erklärt, was die Wirtschaft wieder ordentlich angekurbelt hat. Aus diesem Grund haben zum Beispiel auch die beiden größten Yacht-Center, Budget-Marine und Island Water World, hier ihren Hauptsitz. Darum gibt es alle möglichen weiteren Gewerbe (Rigger, Segelmacher, Kühlung und Klima, Elektronik, etc.), welche sich mit der Instandhaltung und Reparatur von Booten beschäftigen. Auf der anderen Seite der Bucht hat der Tourismus zugeschlagen. Es gibt um die ganze Bucht einen Hotel- sowie Resourtkomplex nach dem anderen.

Dahinter tummelt sich eine bunte Kneipen- und Gastronomielandschaft. An die Karibik erinnert mich hier nur die Temperatur des Wassers und der Luft. Nun gut, ich bin jetzt ja auch schon über ein Jahr in der Karibik und nur nach St. Maarten gefahren, weil ich hier ohne Test / Quarantäne einreisen durfte und die Insel ideal ist, um sich auf die Überfahrt zu den Azoren vorzubereiten. Auf eine Inseltour oder gar mal auf die französische Seite zu gehen, habe ich bis jetzt leider so gar keine Lust. Aber vielleicht ändert sich das ja noch, bevor ich die Leinen hier loswerfe.

Um ehrlich zu sein, bin ich ständig an Selene beschäftigt, schneide Video und schreibe am Blog. Es ist jetzt nicht so, daß ständig am Boot etwas kaputt wäre, aber ich finde an dauernd Dinge, die verbesserungswürdig sind. Ab und zu kommt auch mal ein neuer Schaden hinzu, so hat es Marta geschafft das Steckschot an Selene zu demolieren.

Schon lustig, denn auf Dominika hat es eine Person selbst mit Werkzeug nicht geschafft das Boot zu öffnen, aber das Mädel hat das Schloß aus dem Brett gerissen. Ich war natürlich nicht sehr begeistert von der Aktion, vor allem weil es mutwillig passiert ist. Sie ist Gast auf meinem Boot und kann hier für lau übernachten. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, ich hätte Sie dafür fast von Bord geworfen.

So harze, schleife und lackiere ich an dem Schot für die nächsten Tage. Man hat ja sonst nichts zu tun…

St. Maarten ist eine Absprunginsel für Transatlantiksegler. Normalerweise melde ich mich einfach in den entsprechenden Cruisers-Gruppen im Facebook an, um Informationen zu erhalten. Die wenigen Male, die ich etwas in Facebook geschrieben habe, waren meist recht ernüchternd. Oft bekommt man Antworten und Kommentare, bei denen sich mir der Begriff „HONK“ (Hauptschüler ohne nennenswerte Kenntnisse) aufdrängt. Vielleicht ist es aber auch die „Kultur“ solcher Medien, wo man sich sehr einfach hinter der Anonymität des Internets verstecken kann. Jedenfalls hat das dazu geführt, daß mein Profil recht übersichtlich ist und ich auch kaum Beiträge habe.

Das scheint dem Admin der St. Maarten Cruisers Gruppe nicht gefallen zu haben und meine Beitrittsanfrage wurde abgelehnt. Auf meine Frage nach dem Grund, antwortete mir „Paula“, daß ich gern wo anders „Trollen“ gehen soll und es Sie stört, daß ich Ihr am Sonntag eine Nachricht schreibe. Wenn ich eine „echte“ Person sein würde, solle ich zum Yacht Club kommen und mich vorstellen. Dabei ist der Yacht Club auf der franz. Seite gemeint, der gute 4 Meilen per Dinghy entfernt ist. Ähm – Nein? Ich bin schon ein paar Jahre aus dem Kindergarten raus. So suche ich nach den Informationen auf dem üblichen Wege: Reden 😉

Eines morgens höre ich im Segler-Funk, daß es am 27.03. bei Island Water World ein Treffen von Seglern geben soll, welche die Passage West-Ost machen möchten – Perfekt!

Zu dem Treffen waren mehr Leute zusammen gekommen, als ich dachte und es wurden viele Informationen ausgetauscht. Das meiste war mir zwar schon bekannt, aber es war trotzdem nett. Es waren sogar ein paar Tramper dabei, die auf der Suche nach einem Boot über den Atlantik waren. Da das Treffen regelmäßig stattfindet, werde ich da sicher noch ein paar mal hingehen. Vielleicht findet sich jemand, der im selben Zeitfenster, wie ich über den Atlantik möchte und man tauscht die Nummern der Satellitentelefone…

Nach dem Treffen wurde das Dinghy Dock von Island Water World richtig voll. Es stand die Vorführung mehrerer Rettungsinseln an. Ich habe zwar auch so ein Ding an Bord und weiß, wie sie funktioniert. Aber mal in echt zu sehen, wie so ein Teil funktioniert ist schon sehr interessant. Im Video habe ich mir die Mühe gemacht den Teil mit Untertiteln zu versehen.

Der Abend endet um die Ecke im „Lagoonies“ und da passiert endlich, worauf ich schon eine ganze Weile gewartet habe. In jeder Bucht, auf jeder Insel habe ich bis jetzt mindestens eine Crew aus dem Lockdown in Dominika getroffen. Diesmal waren es Lori und Brian von der Never-Forever. Brian hatte vor ein paar Jahren erst einen Ski- und danach einen Motorradunfall, durch die sein Bein ziemlich viele Platten und Schrauben bekommen hatte. Im Beitrag „Dominika Teil 6 – Unvergesslich!“ unter „Ausfahrt mit Dr. Love und Happy End“ ist Brian zu sehen und man sieht auch, wie schlecht er laufen kann. Ich hatte die Never-Forever schon auf Grenada gesehen, aber leider nicht die Crew. Grund war eine Operation am Bein von Biran, die Monate lang nicht so recht heilen wollte. Also haben die beiden das Schiff vor Anker gelegt und sich ein Apartment gemietet. Natürlich kommt, was kommen muß: Lori fragt mich sofort nach Claudi … Als ich Ihr die Vergangenheit kurz erzählt habe, sagt Sie nur kurz, daß es Ihr leid tut und Sie sich an die Ausfahrt auf Dominika erinnert, als wir die Nachricht bekamen den Trip um ein weiteres Jahr verlängern zu können. Daran kann ich mich auch noch gut erinnern.. Tja, so ändern sich die Dinge und egal wo ich hin fahre – es holt mich überall ein.

28.03.2021 Gegen 3:30 Uhr werde ich wach, weil das Boot ständig hin- und hergedrückt wird. Ein Blick auf dem Windmesser zeigt Böen bis 35kn. Normalerweise würde ich jetzt einfach wieder ins Bett gehen, aber leider ist die äußere Bucht voller Mooringtonnen und ich liege mittendrin vor Anker. Dadurch brauche ich viel mehr Platz und wenn der Wind dreht und würde meinen Nachbarn recht nahe kommen.

Vor ein paar Tagen hatte ich deswegen schon die Ankerkette etwas kurzer gesteckt, was natürlich nicht besonders toll ist, wenn der Wind zunimmt. Das geht so den ganzen Tag und die darauf folgende Nacht. Der Blick in den Wetterbericht sagt auch keine Besserung voraus – es soll eher noch böiger werden und der Wind soll noch mehr auf Ost drehen, was mich auf gut 4..5 Meter mit dem Heck an meinen Mooring-Nachbarn drehen würde.

So bereite ich Selene für das Umparken vor, greife zur Funke und rufe auf Kanal 12 die Brücke an. Alles klar – ich darf passieren. Das Abankern sollte dann doch etwas länger dauern, als gedacht. Der Rocna saß derart tief im Schlick, daß ruhig 50 kn Wind hätten kommen können. Ich bin trotzdem froh nicht erst auf den letzten Drücker mit dem Ankermanöver gewartet zu haben, denn der Brückenwärter wartet definitiv nicht auf mich 😉

Die innere Bucht ist zwar auch recht windreich, aber dafür gibt es keinen Schwell. Nun gilt es einen Ankerplatz zu finden. Meine Seekarten sind hier wohl eher nur ein grober Anhaltspunkt. Vor allem was die Wassertiefe angeht. Meine OSenc Karten meinen 1,20 m, Seamaps Carib meint 1,90 m und der Doyle Guide sagt „versandet“.

Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als es selbst heraus zu finden. So tuckere ich mit Selene langsam um „meinen“ Flecken Ankerplatz, an dem ich glücklich werden möchte. Obwohl Selene gut 1,90m Tiefgang hat, weiß ich das ich erst bei 1,70 m definitiv stecken bleiben werde. So fällt der Anker bei 2,10 m, 20 m Kette und der Tiefenmesser zeigt 1,90 m an – perfekt. Beim anschließenden Tauchgang bestätigt sich, daß mein Tiefenmesser wohl um gute 20 cm daneben liegt.

Leider sehe ich auch, wie marode das schöne Antifouling schon wieder ist. Ich vermute, es war einfach viel zu warm, als wir das aufgerollt haben. Oder ich habe zu viel Verdünner hinein gekippt. Auf jeden Fall liegt es am monatelangen Ankern auf Grenada, weil ich seit meiner Abreise aus Carriacou einfach keine Lust zum Segeln hatte. Vielleicht als kurze Erklärung: Die Rosa Flecken sind der Primer, der normalerweise unter dem Antifouling ist. Darunter sind noch mal 5 Schichten VC-Tar2, die das GFK vor Osmose schützen sollen. So wie das im Moment aussieht, werde ich wohl das ganze Antifouling entfernen, den Primer herunterschleifen, ein paar Schichten VC-Tar2 drauf und dann mal überlegen, ob ich weiter mit VC17m leben möchte, oder nicht. Das mache ich aber definitiv nicht in der teuren Karibik.

Dazu gibt es im nächsten Beitrag noch etwas mehr, denn nach 4 Tagen des Video Hochladens, möchte ich diesen Beitrag gern veröffentlichen. Ich habe auf jeden Fall vor noch einen zweiten Beitrag über St. Maarten zu machen, der dann kurz vor der Abreise online gehen soll. Da gibts dann auch genauere Infos über die Route und wie das Ganze von statten gehen soll.

So long,

Martin

13 Antworten auf „St. Maarten – Hier bekommt man alles ;)“

  1. Hallo Martin,
    ich freue mich, wenn ich wieder einen Bericht von dir lesen kann.
    Es ist unvorstellbar für Landratten, mit welchen Problemen du konfrontiert wirst. Ich bewundere dich ,wie du das alles meisterst.
    Sei weiterhin behütet und bleib gesund.
    Bei uns schneit es!!!!!! Das ist dir vielleicht ein Trost.
    Liebe Grüße Evi

  2. Moin Martin,

    jetzt habe ich endlich Zeit zum lesen und schauen gefunden.
    Wie immer, Du verstehst es perfekt den geneigten Leser in den karibischen Alltag zu entführen.
    Ich wünsche Dir weiterhin alles Gute und warte gespannt auf den nächsten Beitrag.

    Uwe

  3. Hallo Martin ,
    es macht immer wieder Spaß Deine Beiträge zu lesen und die Filme anzusehen . Ich wünsche Dir noch eine gute Zeit und das du alles schaffst was du Dir vorgenommen hast .
    viele Grüße aus Chemnitz
    Frank

  4. Martin,
    jetzt auch mal ein Kommentar von mir: Ich lese mit Begeisterung deinen Blog; wirklich großartig, wie du schreibst!
    Ich drücke dir stets und weiterhin die Daumen, dass bei der Vorbereitung alles klappt.
    Beste Grüße
    Andreas

    1. Hey Andreas, ich schreibe halt, wie ich die Situation in dem Moment empfunden habe. Sicher hat einiges einen subjektiven Hauch, aber es kann auch passieren, daß ich mich selbst später revidiere 😉

  5. Hallo Martin,
    schön von Dir zu hören. Diesmal musste ich besonders schmunzeln, weil Du wie bestellt über technische Details gesprochen hast, die mich gerade beschäftigen. Am Sonnabend ist in der Marina kranen angesagt. Mein Sohn war ganz lieb und Ostern gekommen, um die notwendigste Technik einzubauen, damit wenigstens Motor geht. Und was passiert, wir sehen, dass der Teppich schwimmt und als wir den Boden aufnehmen, sehen wir , dass 15 cm Wasser steht. Ich denke es kommt aus dem Durchlass zum Schacht für Kiel. Da ist so ein Verschluss, total versifft. Von oben kam das Wasser nicht. Also steht es schon länger. Das macht mir Sorge . Habe da nie hingeschaut und will da jetzt auch eine Pumpe haben. Und Wanten spannen genau das Gleiche. 😉
    Auch Deine Berichte über das Leben dort sind für mich sehr aufschlussreich. Zu sehen, was alles möglich ist im Leben und wie man leben könnte und dann aber die Freiheit zu haben, es so zu machen, wie man es für sich selbst als das Richtige erkennt, ist doch das Beste, was es gibt. Ich denke, zukünftig kann Dich so schnell nichts mehr umhauen. Ist doch ein gutes Gefühl? Oder nicht? Ich bin jetzt sehr gespannt, wie Du das mit der Überfahrt angehst. Ich hoffe immer noch, es findet sich jemand, der bei Dir einsteigt. Also dann,
    Herzliche Grüße von Katrin

    1. Hallo Katrin, die Frage ist, ob der Weg, den ich gehe der eleganteste ist. Ich habe so viel an dem Schiff selbst gebaut und nach einer Weile dann doch wieder geändert. Das einzige, was ich nicht abkann, ist irgend etwas zu bauen, wo ich selbst der Meinung bin, daß es Pfusch ist. Deshalb habe ich Selene noch mal zerlegt, um den Wandler zu reparieren. Ist doch toll, wenn es dann wieder funktioniert 🙂

  6. Hallo Martin,
    vielen dank für die tollen Berichte. Sehr beeindruckend finde ich die neue Tauchattraktion am Unterwasserschiff:):):) …Atoll Selene…
    Alles Gute und liebe Grüße
    Sabine und Heinz

  7. Hallo Martin.

    Wieder ein toller kurzweiliger Bericht von dir. Vielen Dank dafür.

    Viel Erfolg bei den weiteren Vorbereitungen für die Überfährt.

    Bis zum nächsten Mal.

    Gruß aus der Klingenstadt.
    Christian

  8. Lieber Martin! Es klingt ja alles recht zuversichtlich und ich werde alles heute nachmitag mit der Mutter ansehen. Wir haben z.Z. wieder richtig Winter. Danke für das Video und Grüße aus der Heimat , Deine Eltern!

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